Entscheidungsstichwort (Thema)

Reisewertkonten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn ein Unternehmen, bei dem Verbraucher durch regelmäßige Zahlungen "Reisewerte" erwerben können, die sie anschließend bei der Buchung von Reisen auf den Reisepreis verrechnen können, diesen Verbrauchern regelmäßig mit "Ihre Salden" überschriebene Mitteilungen übersendet, auf denen sich der Hinweis findet, die Saldenaufstellung gelte als genehmigt, wenn der Verbraucher nicht binnen einer bestimmten Frist Einwendungen erhebe, so handelt es sich bei diesen Mitteilungen um Schuldanerkenntnisse i.S.d. § 781 BGB.

2. Es stellt dann jedenfalls wegen der verjährungsunterbrechenden Wirkung dieses Anerkenntnisses eine Irreführung der Verbraucher dar, wenn sich auf ihm der Hinweis findet, die Reisewerte würden drei Jahre nach dem Schluss des Jahres verjähren, in dem der jeweilige Reisewert dem Reisewertkonto gutgeschrieben worden sei.

 

Normenkette

UWG § 5 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 30.01.2013; Aktenzeichen 84 O 193/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.1.2013 verkündete Urteil des LG Köln - 84 O 193/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu Ziff. I. wie folgt lautet:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im Zusammenhang mit der Führung von "Reisewertkonten", bei denen der Verbraucher durch monatliche Beiträge ein Guthaben anhäuft und diese "Reisewerte" für den Fall einer Reisebuchung auf den Reisepreis angerechnet werden, wobei die "Reisewerte" aus dem vorausgehenden Saldierungszeitraum in den neuen Saldierungszeitraum übertragen werden, unter Hinweis auf §§ 195, 199 BGB einen Abzug für solche "Reisewerte" vorzunehmen, die in den Zeitraum des jeweils vor-vor-vorletzten Jahres fallen, wie mit Saldenaufstellungen vom 7.1.2009 ("Zeitraum 1.12.2008 - 31.12.2008") und vom 16.5.2012 ("Zeitraum 1.9.2011 - 31.12.2011") gegenüber der Verbraucherin S. geschehen: (komplette Abbildung nur in Originalentscheidung enthalten) Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das genannte Urteil des LG Köln - in der vorstehenden Fassung - sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich des Unterlassungstenors durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 ZPO)

I. Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die Beklagte vermittelt gewerbsmäßig Flüge, Pauschalreisen und andere Reiseleistungen und bietet Verbrauchern darüber hinaus den Abschluss von sog. Reisewertkonten an. Hierbei zahlt der Kunde monatlich ein "Serviceentgelt" und erhält im Gegenzug neben bestimmten Serviceleistungen (Reiseberatung, Reisevermittlung, Best Price Garantie, Krankenversicherung und anderes) "Reisewerte", die im Falle von Reisebuchungen über die Beklagte auf den Reisepreis angerechnet werden. Eine Barauszahlung dieser Reisewerte ist nicht möglich.

Unter dem 16.5.2012 ließ die Beklagte ihrer Kundin S., die bei ihr ein Reisewertkonto unterhält, eine mit "Ihre Salden" überschriebene Mitteilung über den aktuellen Stand ihrer Reisewerte übersenden. Der Saldo des Vormonates war mit 3.118 ausgewiesen. Hiervon war ein Betrag i.H.v. 718 mit dem Vermerk "Verjährung gem. §§ 195, 199 BGB" abgezogen. Der abgezogene "Reisewert" von 718 entsprach dem Schlussbetrag aus der Saldenabrechnung vom 7.1.2009 ("Zeitraum 1.12.2008 - 31.12.2008"). Unten auf der Mitteilung vom 16.5.2012 heißt es:

"Die vorstehende Mitteilung über den aktuellen Stand Ihrer gebildeten Reisewerte erfolgt unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Prüfung. Wir bitten Sie höflich, die vorstehende Saldenaufstellung zu prüfen. Die Saldenaufstellung gilt als genehmigt, wenn Sie nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen seit ihrem Zugang schriftliche Einwendungen dagegen an uns abgesandt haben ... Wir weisen höflich darauf hin, dass Ihr im Reisewertkonto dokumentierter Anspruch auf Anrechnung der erworbenen Reisewerte auf den Reisepreis eine über die Deutsche Reise Touristik GmbH gebuchten Reise der gesetzlichen dreijährigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB unterliegt. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der jeweilige Reisewert Ihrem Reisewertkonto gutgeschrieben worden ist."

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die monatlichen Saldenaufstellungen seien Bestandteil eines zwischen der Beklagten und dem jeweiligen Kunden bestehenden Kontokorrentverhältnisses. Die Beklagte nehme dahe...

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