nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Medienrecht. „Gültig bis…”; „Verfalldatum” auf Telefonkarten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine die Dauer der Gültigkeit beschränkende Bestimmung unterfällt in vollem Umfang dem Anwendungsbereich der Klauselverbote der §§ 9 bis 11 AGBG.

2. Das gilt auch dann, wenn man die Telefonkarten als so genannte „kleine Inhaberpapiere” i. S. von § 807 BGB einstuft. In diesem Falle entsteht eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung allein durch den als stillschweigend abgeschlossenen anzusehenden Begebungsvertrag, dessen für eine Vielzahl von Fällen vordefinierter Inhalt im Streitfall durch die auf den Telefonkarten dokumentierten Bedingungen –einschließlich der Befristung der Gültigkeit– bestimmt wird.

3. Die in den Begebungsvertrag eingestellte – schlichte– Klausel „Gültig bis…” führt jedenfalls dann zu einer unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher und verstößt gegen die Anforderungen des Transparenzgebotes, wenn sie zu Lasten der Verbraucher die mit dem Ablauf der Gültigkeit der Telefonkarten beabsichtigte Folge, nämlich den Verfall der bei Ungültigkeit gegebenenfalls noch vorhandenen Guthaben nicht mit der gebotenen Deutlichkeit erkennen lässt. Unentschieden bleibt, ob eine eindeutige Regelung des Verfalls eines etwaigen Guthabens auf den Telefonkarten einer Inhaltskontrolle nach den Vorschriften des AGBG standhalten würde.

 

Normenkette

AGBG §§ 8-11, 13; BGB §§ 807, 793

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 26 O 42/99)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.10.1999 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln –26 O 72/99– wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Unterlassungsausspruchs gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 50.000,00 DM, diejenige des Kostenausspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in jeweils derselben Höhe leistet.

Die mit diesem Urteil für die Beklagte verbundene Beschwer beträgt 50.000,00 DM.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein mit der satzungsgemäßen Aufgabe, Verbraucherinteressen durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen.

Die Beklagte, ein Unternehmen im Bereich der Telekommunikation, vertreibt u. a. Telefonkarten zur Nutzung in öffentlichen Fernsprecheinrichtungen, deren Betreiberin sie ist. Diese Telefonkarten sind zum Preise von 12/00 DM und 50,00 DM käuflich zu erwerben, wobei der Benutzer die Möglichkeit erhält, an öffentlichen Fernsprechern der Beklagten Telefonate in entsprechendem Gegenwert zu führen. Während die vorbeschriebenen Telefonkarten zunächst eine unbegrenzte Gültigkeitsdauer aufwiesen, ist die Beklagte seit Oktober 1998 (Bl. 104 d.A.) dazu übergegangen, auf den Karten – wie aus dem zur Akte gereichten Originalexemplar (Hülle Bl. 58 d.A. = Anlage K 4) beispielhaft ersichtlich – den Zusatz „Gültig bis….” anzubringen. Diese Befristung der Gültigkeitsdauer, die einen Zeitraum von 3 Jahren und 3 Monaten ab Herstellung der Karte umfasst, hat zur Folge, dass die Telefonkarten nach Fristablauf nicht mehr zum Zwecke des Telefonierens verwendbar sind und zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbrauchte Guthabenbeträge ersatzlos verfallen.

Die klagende Verbraucherzentrale, die in der vorbezeichneten Beschränkung der Gültigkeit der Telefonkarten eine nach Maßgabe von § 9 AGB-Gesetz unwirksame Regelung sieht, hat die Beklagte mit vorprozessualem Schreiben vom 05.03.1999 abgemahnt und zur Abgabe einer vorbereiteten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert. Nachdem die Beklagte die Abgabe einer solchen Erklärung abgelehnt hat, nimmt die Klägerin sie nunmehr im vorliegenden Verfahren klageweise auf Unterlassung in Anspruch.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die von der Beklagten eingeführte Befristung der Telefonkarten, bei denen es sich um Inhaberschuldverschreibungen i. S. von § 793 BGB handele, führe zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden. Letztere würden mit dem Erwerb der Telefonkarte in Vorleistung treten und liefen dabei Gefahr, keine Gegenleistung zu erhalten, wenn die Karte bei Ablauf der Gültigkeitsdauer noch ein Guthaben aufweise, das aber weder abtelefoniert werden könne, noch erstattet oder anderweitig gutgebracht werde. Diesen, auf Seiten der Kunden eintretenden Nachteilen stünden aus von der Klägerin im einzelnen dargestellten Gründen keine anerkennenswerten Belange der Beklagten gegenüber.

Die Klägerin hat beantragt,

  • der Beklagten bei Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM (ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen,
  • die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verträgen über Telefonkarten zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen, ausgenommen Vertr...

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