Entscheidungsstichwort (Thema)

"Jeder 20. Käufer gewinnt"

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 6 UWG ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen das Gewinnspiel dem Erwerbsvorgang zeitlich nachfolgt. Tatbestandsmäßig erfasst sind auch die Konstellationen, bei denen Zufälligkeiten des Erwerbsvorgangs selbst das Gewinnspiel ausmachen und mit dem Erwerbszeitpunkt objektiv auch bereits über den Spielerfolg entschieden ist.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nr. 6

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 06.10.2005; Aktenzeichen 84 O 78/05)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 6.10.2005 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 78/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller - ein Verein, der sich satzungsgemäß der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs widmet -, nimmt die Antragsgegnerin, ein Unternehmen des Reifenhandels, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes auf Unterlassung der werblichen Ankündigung "Im Juli und August 2005 gewinnt jeder 20. Käufer ... Hin- und Rückflugtickets mit HLX" in Anspruch, nachdem die Antragsgegnerin in einer Zeitungsannonce wie nachstehend eingeblendet geworben hatte: ...

Das LG ist der Auffassung des Antragstellers gefolgt, dass es sich hierbei um die Ankündigung der Veranstaltung eines Gewinnspiels i.S.d. § 4 Nr. 6 UWG handele und hat die antragsgemäß am 27.7.2005 erlassene einstweilige Verfügung im Verfahren nach Widerspruch der Antragsgegnerin mit Urteil vom 6.10.2005 bestätigt. Hiergegen wendet die Antragsgegnerin sich mit der Berufung unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsauffassung, dass die werbliche Ankündigung kein Gewinnspiel im wettbewerbsrechtlich unlauteren Sinne zum Gegenstand habe.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht festgestellt, dass die werbliche Ankündigung, innerhalb eines bestimmten Zeitraums gewinne "jeder 20. Käufer" Tickets für eine Flugreise, infolge der Verbindung des Erwerbs einer Ware aus dem Angebot der Antragsgegnerin mit der Teilnahme an diesem Gewinnspiel unlauter i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 6 UWG ist.

1. Schon unter Geltung des § 1 UWG a.F. war anerkannt, dass Gewinnspiele, wenn sie auch stets die Spiellust des Kunden ausnutzen und deshalb in gewissem Umfang von der Prüfung des Waren- oder Dienstleistungsangebots nach Preiswürdigkeit und Güte ablenken, nicht grundsätzlich wettbewerbswidrig sind, sondern erst dann, wenn bestimmte Unlauterkeitsumstände hinzutreten, welche die Veranstaltung als wettbewerbsrechtlich anstößig erscheinen lassen (vgl. BGH v. 11.4.2002 - I ZR 225/99, MDR 2002, 1445 = GRUR 2002, 1003 [1004] - "Gewinnspiel im Radio"; v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, MDR 2000, 1263 = GRUR 2000, 820 [821] - "Space Fidelity Peep-Show"; v. 5.2.1998 - I ZR 151/95, MDR 1998, 1176 = GRUR 1998, 735 [736] - "Rubbelaktion"; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2001, § 1 Rz. 147, 151 ff., 167; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rz. 331). Derartige die Sittenwidrigkeit begründende Umstände sind u.a. dann angenommen worden, wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel mit dem Warenabsatz gekoppelt war (BGH v. 11.4.2002 - I ZR 225/99, MDR 2002, 1445 = GRUR 2002, 1003 [1004] - "Gewinnspiel im Radio"; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2001, Rz. 152 ff.; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rz. 331).

An dieser Beurteilung hat sich durch die Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nichts geändert. Vielmehr ist die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 1 UWG a.F. im Fall von Gewinnspielkopplungen nunmehr durch das Regelbeispiel des § 4 Nr. 6 UWG kodifiziert, ohne dass hiermit eine inhaltliche Veränderung verbunden wäre (BGH GRUR 2005, 599 - "Traumcabrio" unter Bezugnahme auf den Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/1487, 18; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 4 Rz. 6.1; Harte/Henning/Bruhn, UWG, § 4 Nr. 6 Rz. 5; Fezer-Hecker, UWG, § 4-6 Rz. 29).

Unlauter i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 6 UWG handelt mithin, wer die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, wenn das Preisausschreiben oder Gewinnspiel nicht seiner Natur nach mit der Ware oder Dienstleistung verknüpft ist. Eine unzulässige Kopplung liegt hierbei sowohl dann vor, wenn eine rechtliche Verknüpfung des Warenabsatzes mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel erfolgt, als auch dann, wenn eine tatsächliche Abhängigkeit zwischen dem Warenabsatz und der Gewinnspielteilnahme oder den Gewinnchancen anzunehmen ist (BGH GRUR 2005, 600 - Traumcabrio).

2. Die Voraussetzungen einer im genannten Sinne unzulässigen Kopplung des Warenabsatzes mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel liegen im Streitfall vor. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 6 UWG nicht auf Fälle beschränkt, in denen das eigentliche Gewinnspiel dem Erwerbsvorgang nachgeschaltet ist, in denen also zwischen dem Kauf ...

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