Leitsatz (amtlich)

1. Es verstößt nicht gegen die im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht nach § 312g BGB bestehenden besonderen Informationspflichten aus §§ 312d BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB, wenn der Unternehmer eine Belehrung über das "Widerrufsrecht für den Kauf nicht paketfähiger Ware (Speditionsware)" und eine weitere über das "Widerrufsrecht für den Kauf paketfähiger Ware (Standardware)" vorhält und dem Käufer nur im letzten Fall die Kosten der Rücksendung überbürdet werden.

2. Die Information des Käufers darüber, ob die von ihm bestellte Ware paketfähig ist oder nicht und welche Widerrufsbelehrung einschlägig ist, ist nicht wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 - 4 UWG.

 

Normenkette

BGB §§ 312d, 312g; EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2; UWG § 5 a Abs. 2-4

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 42 O 38/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.11.2020 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42 O 38/20 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil und das des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein Verein, der satzungsgemäß unlauteren Wettbewerb bekämpft, nimmt die Beklagte wegen einer seiner Ansicht nach irreführenden Widerrufsbelehrung auf Unterlassung in Anspruch.

Die Beklagte vertreibt über ihren Internetshop neben Spielgeräten aus Holz für den Außenbereich auch Kinderbetten und die Matratze "X.-Actiondream". Sie bewarb diese Matratze auf ihrer Homepage www.x..de wie in den Anlagen 5 und 6 wiedergegeben. Vor Abschluss eines Kaufvertrages über die Matratze muss der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens bestätigen, dass er u.a. die Widerrufsbelehrung der Beklagten zur Kenntnis genommen hat. Klickte er den Hyperlink "Widerrufsbelehrung" an, erhält der Verbraucher zwei Widerrufsbelehrungen, eine zum "Widerrufsrecht für den Kauf nicht paketfähiger Waren (Speditionswaren)" und die zweite zum "Widerrufsrecht für den Kauf paketfähiger Waren (Standardware)".

Die beiden Widerrufsbelehrungen sind eingangs identisch

"Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. ..."

Sie unterscheiden sich in ihren Angaben zu den "Folgen des Widerrufs", nämlich wer die Kosten der Rücksendung zu tragen hat. Nach auch insoweit zunächst gleichen Ausführungen heißt es zu den Speditionswaren

"Wir holen die Ware ab. Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren. Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit Ihnen zurückzuführen ist."

und zu den Standardwaren

"Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist."

Anschließend wird jeweils ein "Widerrufsformular" angeführt.

Der Verbraucher erhält vor Vertragsschluss keine Informationen darüber, ob es sich um paketfähige (Standardware) oder nicht paketfähige Ware (Speditionsware) handelt.

Der Kläger hat die Werbung als wettbewerbswidrig gerügt. Der Verbraucher werde nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend über das ihm nach § 312g BGB zustehende Widerrufsrecht belehrt. Da der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrages nicht erfahre, ob es sich bei der von ihm bestellten Ware um Standardware oder um Speditionsware handele, bleibe unklar, was im Falle des Widerrufs hinsichtlich der konkreten Bestellung gelten, ob also die Ware beim Verbraucher abgeholt werde oder er sie selbst zurücksenden müsse, innerhalb welchen Zeitraums dies zu erfolgen habe und wer die Kosten für die Rückführung der Ware zu tragen habe.

Der Kläger hat zu seiner Aktivlegitimation insbesondere im Bereich des Handels mit Matratzen vorgetragen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

wie nachstehend wiedergegeben, gegenüber Verbrauchern Waren im Internet anzubieten, ohne sie über das dem Verbraucher im Fernabsatz gesetzlich zustehende Widerrufsrecht klar und eindeutig zu informieren:

((Abbildungen))

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, dass die Klage wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unzulässig sei. Der Antrag sei auch zu weitgehend, soweit ihr untersagt werden solle, "Waren" und nicht nur Matratzen im Internet anzubieten. Ihre Widerrufsbelehrung sei vollständig und richtig. Eine Zuordnung des Kaufgegenstandes vor dessen Bestellung zu Speditionsware oder Standardware sei nicht möglich.

Mit Urteil vom 27.11.2020, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Land...

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