Entscheidungsstichwort (Thema)

Risiken im Gebrauch können Werkmangel sein

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird zur Bauwerksabdichtung eine kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung aufgebracht, wie sie die DIN 18195 in der ab gültigen 1999 Fassung zumindest verlangt, so muss dies sach- und fachgerecht entsprechend den Anweisungen der Hersteller erfolgen. Ist das nicht der Fall und besteht deshalb eine Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs, so liegt ein Werkmangel i.S.v. § 633 BGB unabhängig davon vor, ob bereits ein Schaden eingetreten ist.

2. Dafür, ob oder in welchem Umfang sich die Verletzung der Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB auf die Entstehung oder die Höhe und des Schadens ausgewirkt hat, gilt die Beweiserleichterung nach § 287 ZPO. Fehlt es für deren Anwendung an den erforderlichen greifbaren Anhaltspunkten, so geht das zu Lasten des Schädigers.

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 27.04.2001; Aktenzeichen 18 O 117/95)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Köln vom 27.4.2001 (18 O 117/95) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz wegen Feuchtigkeitsschäden an der Wohnanlage O-Weg 5a, C/T in Anspruch. Das LG hat die Beklagte unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, an die Kläger 139.418,17 DM nebst Zinsen zu zahlen. Wegen des Sachverhalts und des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Abweisung der Klage fort. Hinsichtlich der Mängel der Außenisolierung rügt die Beklagte, der Sachverständige S habe insoweit zu Mängeln der Isolierung an der Vorderfront und der rechten Seitenfront des Gebäudes keine Feststellungen getroffen. Außerdem lägen die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 634, 635 BGB a.F. nicht vor. Die hohen Folgekosten hätten die Kläger durch ihr zögerliches Verhalten selbst verursacht. Hätten sie der Beklagten nicht durch Schreiben vom 20.9.1995 (Anlageheft Bl. 174 = Bl. 343) untersagt, nach den Ursachen der Feuchtigkeitsschäden zu suchen, so hätte die von der Beklagten beauftragte Firma M & Söhne die am 15.9.1995 bereits begonnenen Suche nach dem Rohrbruch in der Wohnung des Klägers zu 4) noch im September 1995 entdeckt, so dass die Folgeschäden nicht oder in einem wesentlichen geringeren Umfange eingetreten wären.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Urteil des LG und wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Senat hat aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 5.6.2002 (Bl. 994 d.A.) und 24.3.2004 (Bl. 1106 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten der Sachverständigen N und S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen N vom 9.1.2003 (Bl. 1031 ff. d.A.), seine ergänzende Stellungnahme vom 19.8.2003 (Bl. 1081 ff. d.A.), das Gutachten des Sachverständigen S vom 17.5.2004 (Bl. 1120 ff. d.A.) sowie das Protokoll zu der mündlichen Anhörung dieses Sachverständigen im Termin vom 11.8.2004 (Bl. 1156 ff. d.A.) verwiesen. Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die Beklagte nach §§ 634, 635 BGB a.F. im zuerkannten Umfange zum Schadensersatz verurteilt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung greifen nicht durch. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Nach dem Gutachten des Sachverständigen N vom 9.1.2003 und der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 19.8.2003 steht fest, dass die Abdichtung der Außenisolierung auch im Bereich der Vorderfront und der rechten Seitenfront mangelhaft ist. Der Sachverständige hat ausgeführt, die von der Beklagten verwendete Dickbeschichtung sei in der im vorliegenden Fall geltenden Fassung der DIN 18195 vom August 1983 noch nicht aufgeführt, sondern finde erst in der neuen Ausgabe Berücksichtigung. Diese Dickbeschichtungen hätten sich im Laufe der Zeit zwar bewährt. Jedoch erreiche die von der Beklagten verwendete aus "Kunststoff-Bitumen-Basis" bestehende Dickbeschichtung unabhängig davon, ob DIN 18195 Teil 4 (Abdichtung gegen Bodenfeuchtigkeit) oder Teil 5 (Abdichtung gegen nicht drückendes Wasser) maßgebend sei, nicht die je nach Hersteller (Firma E und Firma St) vorgeschriebene Dicke. Nicht geklärt, aber nach diesen Ausführungen unerheblich ist, ob das bei der Bauausführung verwendete Produkt eines dieser Hersteller ist. Der Sachverständige ist bei seiner Einschätzung, dass die Werkausführung nicht den Anforderungen an einer ordnungsgemäßen Abdichtung entspricht, bei seiner ergänzenden Stellungnahme geblieben. Di...

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