rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die zivilgerichtliche Überprüfung eines Ausschlusses aus einer politischen Partei (§ 10 IV PartG.) hat sich wegen der Parteiautonomie u. a. darauf zu beschränken, ob der Ausschluß grob unbillig oder willkürlich ist.

2. Der Beschluß der Beklagten (C 47) über die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft bei Scientology und der Mitgliedschaft bei der Beklagten konkretisiert einen Grundsatz der Beklagten im Sinne von § 10 IV PartG. Ein derartiger Beschluß ist in dem gerichtlichen Verfahren wegen des Ausschlusses eines Parteimitgliedes, der auf Unvereinbarkeitsbeschluß gestützt wird, derselben Rechtsmäßigkeitsprüfung unterworfen, wie die Ausschließung selbst.

3. Der Unvereinbarkeitsbeschluß C 47 und die Entscheidungen der Beklagten über die Ausschließung der Kläger sind unter Berücksichtigung der Wertungen des Grundgesetzes nicht willkürlich, sie sind vielmehr sachlich gerechtfertigt. Die den Entscheidungen zugrundegelegten Tatsachen sind zutreffend festgestellt worden. Die Beurteilung und Wertung dieser Tatsachen als mit den Grundsätzen der Beklagten unvereinbar unterliegt nur der eingeschränkten Nachprüfung durch das erkennende Gericht.

 

Normenkette

PARTG § 10 IV

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 09.07.1997; Aktenzeichen 7 0 55/97)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 28.03.2002; Aktenzeichen 2 BvR 307/01)

 

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 9. Juli 1997 – 7 0 55/97 – werden zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Nach vorangegangenen Diskussionen innerhalb der Partei beschloß die Beklagte, die Christlich Demokratische Union, auf ihrem Bundesparteitag in D. im Dezember 1991 unter der Beschluß-Nr. C 47: „Die Mitgliedschaft in der Scientology Church (Sekte) ist mit der CDU-Mitgliedschaft unvereinbar.”

Die Kläger sind sämtlich jahrelange Mitglieder der CDU gewesen, sie waren gleichzeitig Mitglied in der „Scientology Church.”. Am 2.12.1994 beschloß das Kreisparteigericht E. den Ausschluß des Klägers zu 1) aus der Beklagten. Diese Entscheidung wurde durch das Landes- und Bundesparteigericht (CDU-BPG 3/95 v. 24.9.1996) bestätigt. Die Kläger zu 2) und 3) wurden durch Beschluß des Kreisparteigerichts Mittelhessen vom 16.7.1994 aus der CDU ausgeschlossen. Diese Entscheidung wurde vom Landes- und Bundesparteigericht (CDU-BPG 1/96 v. 24.9.1996) bestätigt. In seinen Entscheidungen führte das Bundesparteigericht im wesentlichen aus, eine Partei müsse zur Wahrung ihres Meinungsprofils befugt sein, Gruppierungen mit fundamental anderen Auffassungen auszugrenzen.

Mit den hiergegen erhobenen Klagen begehren die Kläger die Feststellung, daß das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen ihnen und der Beklagten durch die jeweiligen Parteiausschlußbeschlüsse nicht beendet worden sei. Sie haben die Auffassung vertreten, Parteiausschlußentscheidungen seien durch die staatlichen Gerichte auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu kontrollieren. Bei Anwendung dieser Grundsätze sei der Parteiausschluß der Kläger unwirksam. Er verletze die Grundrechte der Kläger.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihre Parteiausschlußentscheidungen dürften in der Sache selbst nur in den durch die Vereinsautonomie gezogenen Grenzen überprüft und damit nur einer Willkürkontrolle unterzogen werden. Dies gelte auch für die Einschätzung der Beklagten, daß in wesentlichen Bereichen die Grundauffassungen von Scientology und das Programm der Beklagten grundsätzlich verschieden seien. Zum Beleg für ihre Einschätzung beruft sie sich auf eine Vielzahl von Zitaten aus Textstellen von Scientology, deren Bewertung durch die Beklagte die Kläger entgegengetreten sind.

Durch Urteil vom 9.7.1997 – 7 0 55/97 –, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Entscheidungen des Bundesparteigerichts der Beklagten über den Ausschluß der Kläger aus der CDU seien nicht fehlerhaft. Der Ausschluß der Kläger verstoße bei der gebotenen Abwägung sämtlicher Umstände nicht gegen die Grundrechte der Kläger, er sei auch nicht willkürlich. Die Einschätzung der Beklagten, daß das Selbstverständnis von Scientology, so wie es objektiv in deren programmatischen Grundsätzen und Publikationen seinen Niederschlag finde, zu den Grundüberzeugungen der Beklagten in Widerspruch stehe, sei vertretbar. Nach willkürfreier Bewertung durch die Beklagte hätten die Kläger wegen ihres Beharrens auf der Mitgliedschaft zu Scientology erheblich gegen die Grundsätze der Partei verstoßen und hierdurch der Beklagten einen schweren Schaden zugefügt.

Gegen dieses, ihnen am 18.7.1997 zugestellte Urteil haben die Kläger am 18.8.1997 Berufung eingelegt, die sie am 17.10.1997 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründet haben.

Die Kläger wenden sich gegen das erstinstanzliche Urteil im wesentlichen mit der Begründung, das Landgericht habe ihre Grundrechte, insbesondere a...

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