Leitsatz (amtlich)

1. Ein fortbestehendes Vertrauen in die Anlagekompetenz eines Vermögensverwalters entkräftet nicht die Vermutung, dass sich der Anleger bei der gebotenen Aufklärung der Bank über die vom Vermögensverwalter verheimlichte Provisions- und Gebührenteilungsvereinbarung von diesem getrennt hätte.

2. Hat die Bank den Anleger so zu stellen, wie er stünde, wenn er den vertrauensunwürdigen Vermögensverwalter nicht (länger) beauftragt hätte, so berührt die offene Frage, ob der Anleger mit einem anderen Vermögensverwalter im Ergebnis besser gefahren wäre, weder die Schadensentstehung noch die Kausalität des pflichtwidrigen Verhaltens der Bank.

3. Gegenüber diesem Haftungsgrund (aus Verletzung der Offenlegungspflicht) begründet es auch kein Mitverschulden des Anlegers, dass er trotz der vom Vermögensverwalter verursachten hohen Verluste und einer Warnung der Bank vor der Anlagestrategie des Vermögensverwalters diesen weiter hochspekulative Optionsgeschäfte hat tätigen lassen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 254, 276

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 18.12.1998; Aktenzeichen 17 O 241/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Köln vom 18.12.1998 – 17 O 241/98 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 127.822,97 Euro nebst 4 % Zinsen aus 51.129,19 Euro seit dem 19.8.1998 und aus weiteren 76.693,78 Euro seit dem 18.11.1998 zu zahlen.

2. Die negative Feststellungswiderklage der Beklagten wird i.H.v. 566.295,44 Euro abgewiesen. Im Übrigen wird festgestellt, dass der Schadensersatzanspruch, dessen sich der Kläger noch in einer restlichen Höhe von 74.178,07 Euro berühmt, dem Grunde nach besteht.

II. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten das Urteil des LG Köln vom 18.2.2000 – 17 O 397/98 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 284.282,43 Euro nebst 4 % Zinsen aus 51.129,19 Euro seit dem 10.11.1998 und aus 233.153,24 Euro seit dem 25.11.1999 zu zahlen.

3. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 150.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 330.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch die Prozessbürgschaft eines in der EU als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Kläger nehmen die beklagte Bank wegen pflichtwidrigen Verhaltens auf Ersatz von Verlusten in Anspruch, die sie durch die Tätigkeit ihrer Vermögensverwalterin, der E. & Partner GmbH für Vermögensverwaltung (später umgewandelt in E. & Partner Vermögensverwaltung AG) – im folgenden: Fa. E. – erlitten haben. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Unter dem 4.8.1991 hatte die Beklagte mit der F.E. eine Vereinbarung geschlossen, die die Zusammenarbeit bei Bankgeschäften mit den von der F.E. betreuten Vermögensverwaltungskunden regelte. Diese Vereinbarung sah unter anderem eine „Vergütung” an die F.E. i.H.v. 33,3 % der Effektenprovisionen aus den von der F.E. veranlassten Wertpapiergeschäften sowie der Depotgebühren der Kunden vor.

Am 8.2.1993 eröffnete die Klägerin, die seit April 1990 von der F.E. als Vermögensverwalterin betreut wurde, auf Vermittlung der F.E. bei der Beklagten ein Wertpapierdepot, ein Girokonto und ein Termingeldkonto. Die Klägerin ließ Wertpapiere im Kurswert von 122.590 DM in das Depot bei der Beklagten übertragen und zahlte 593.218,37 DM auf das Girokonto ein. Am 7.4.1995 eröffnete auch der Kläger, ihr Ehemann, bei der Beklagten ein Wertpapierdepot, ein Girokonto sowie ein Termingeldkonto und schloss mit der F.E. einen Vermögensverwaltervertrag. Der Kläger ließ in sein Depot bei der Beklagten Wertpapiere im Kurswert von 637.020 DM übertragen und zahlte auf die beiden Konten insgesamt 1.334327,87 DM ein. Beide Kläger wurden weder von der Beklagten noch von der F.E. über die Vereinbarung vom 4.8.1991 unterrichtet. Die F.E. tätigte für die Kläger Wertpapiergeschäfte, überwiegend Börsentermingeschäfte, aus denen die Kläger hohe Verluste erlitten, deren genauer Betrag umstritten ist. Bis zur Beendigung der Vermögensverwaltertätigkeiten der F.E. für die Kläger im Jahre 1997 zahlte die Beklagte aufgrund der Vereinbarung vom 4.8.1991 sowie einer Börsentermingeschäfte betreffenden Zusatzvereinbarung Provisions- und Gebührenbeteiligungen von insgesamt 7.612,85 DM (betr. Klägerin) und 6.896,77 DM (betr. Kläger) an die F.E. Mit Anwaltsschreiben vom 4.4.1997 haben die Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche unter anderem wegen Verschweigens der Rückvergütungsabrede angemeldet und darauf verwiesen, dass sie bei entsprechender Aufklärun...

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