Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebungsklage im Verletzungsverfahren wegen Entwicklung des markenregisterrechtlichen Löschungsverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob die Dringlichkeit eines Eilverfahrens besteht, ist unabhängig von Erwägungen zu beantworten, die den Verfügungsanspruch betreffen. Das gilt auch im Hinblick auf den prognostizierten Ausgang eines registerrechtlich verfolgten Löschungsantrags durch das an die Eintragung der Marke gebundene Verletzungsgericht (Abgrenzung zu OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 12).

2. Der Instanzenfortschritt im markenrechtlichen Löschungsverfahren stellt keine "veränderten Umstände" i.S.d. § 927 Abs. 1 ZPO dar, solange dieses Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

 

Normenkette

UWG § 12 Abs. 2; ZPO § 927 Abs. 1; MarkenG § 14 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 05.10.2004; Aktenzeichen 33 O 325/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Aufhebungsklägerin gegen das am 5.10.2004 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des LG Köln - 33 O 325/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Aufhebungsklägerin.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Wettbewerber bei Herstellung und Vertrieb von Rasierapparaten. Das LG Köln hat der Aufhebungsklägerin durch einstweilige Verfügung vom 20.8.2002 den Vertrieb bestimmter elektrischer Rasierapparate mit drei Scherköpfen untersagt. Im Widerspruchs- und nachfolgenden Berufungsverfahren ist die Beschlussverfügung durch Urteil der Kammer vom 5.11.2002 sowie Senatsurteil vom 9.5.2003 - 6 U 192/02 - bestätigt worden, wobei der Unterlassungsanspruch in der Berufungsentscheidung auf Ansprüche der Aufhebungsbeklagte aus zu ihren Gunsten eingetragenen deutschen und internationalen Marken gestützt worden ist.

Die Aufhebungsklägerin begehrt auch im Berufungsverfahren nunmehr die Aufhebung der gegen sie ergangenen einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände, nachdem in von ihr angestrengten Verfahren auf Löschung bzw. Schutzentziehung der gegnerischen Marken zwischenzeitlich - sämtlich nicht rechtskräftige - Entscheidungen des BPatG ergangen sind.

II. Die zulässige Berufung der Aufhebungsklägerin führt in der Sache nicht zum Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG ihren Aufhebungsantrag zurückgewiesen, weil keine veränderten Umstände i.S.d. §§ 927 Abs. 1, 936 ZPO vorliegen.

1. Nach §§ 927 Abs. 1, 936 ZPO kann eine - auch rechtskräftige - einstweilige Verfügung aufgehoben werden, wenn nach Erlass bzw. Bestätigung "veränderte Umstände" eingetreten oder bekannt geworden sind, wobei die Vorschrift beispielhaft die Erledigung des Verfügungsgrundes nennt. Eine bereits die Dringlichkeit beseitigende Veränderung in diesem Sinne liegt entgegen der Auffassung der Aufhebungsklägerin allerdings nicht vor. Vielmehr ist aus den Gründen des Senatsurteils vom 9.5.2003 weiterhin vom Bestehen eines Verfügungsgrundes auszugehen, und zwar unabhängig davon, ob die Dringlichkeit entsprechend § 25 UWG a.F. = § 12 Abs. 2 UWG zu vermuten oder nach §§ 935, 940 ZPO festzustellen ist.

Die Dringlichkeit beurteilt sich regelmäßig nach dem Interesse des Gläubigers an einer vorläufigen Sicherung seiner Rechte. Es muss die objektive Besorgnis bestehen, dass entweder ohne diese die Rechtsverwirklichung zumindest wesentlich erschwert wäre oder die Sicherung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 935 Rz. 10, § 940 Rz. 4). Die Frage nach dem Sicherungsbedürfnis des Gläubigers ist mithin nicht mit Blick auf die materiellen Antragsvoraussetzungen zu beantworten, weshalb unerheblich ist, ob die für das Bestehen eines Verfügungsanspruchs relevante Sach- und Rechtslage eine Veränderung erfahren hat. Nur auf diese hebt die Aufhebungsklägerin aber unter Bezugnahme auf die zwischenzeitlich weiter ergangenen Entscheidungen des DPMA bzw. des BPatG ab.

Die von der ihr herangezogene Entscheidung "TopTicket" des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 212) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Soweit dort festgestellt worden ist, dass die Bindungswirkung der Eintragung einer Marke das Verletzungsgericht nicht hindere, "die Erfolgsaussicht eines anhängigen Löschungsantrags in die Prüfung der Dringlichkeit einer Rechtsverfolgung einzubeziehen" (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 212), trägt dieser Ansatz der gebotenen Trennung zwischen Aspekten der Dringlichkeit und demgegenüber den Verfügungsanspruch berührenden Fragen nicht Rechnung (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., vor §§ 14-19 Rz. 94).

2. Der Aufhebungsklägerin verhilft auch nicht zum Erfolg, dass in den von ihr angestrengten - und teilweise schon vor Erlass der einstweiligen Verfügung vom DPMA zurückgewiesenen - Löschungs- bzw. Schutzentziehungsverfahren betreffend Marken der Aufhebungsbeklagten, aus welchen der Senat den im Verfügungsverfahren zuerkannten Unterlassungsanspruch hergeleitet hat, nunmehr Entscheidungen auch des BPatG vorliegen, welche zur Zeit im Rechtsbeschwerdeverfahren bei dem BGH überprüft werden. Die in den Parallelverfahren vor d...

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