Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 554/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14.08.2019 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O 554/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers, dessen Fahrzeug von dem sog. VW-Diesel-Abgasskandal betroffen ist, gegen die Beklagten.

Der Kläger verlangt - nunmehr von beiden Beklagten gesamtschuldnerisch - die Rückzahlung des Kaufpreises von 15.322,21 EUR zuzüglich Sonderleistungen und Finanzierungskosten nebst Zinsen gemäß § 849 BGB Höhe von 4 % aus 13.980,- EUR ab dem 01.02.2017 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren 1.321,21 EUR ab Rechtshängigkeit (25.01.2019) Zug um Zug gegen Rückgabe des im Januar 2017 bei der Beklagten zu 1 gekauften Pkw VW A 1,6 TDI gemäß verbindlicher Bestellung vom 27.01.2017 als Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung 71.300 km.

Er begehrt ferner die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 1 und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von beiden Beklagten gesamtschuldnerisch.

Eine Nutzungsentschädigung möchte er sich nicht anrechnen lassen.

Am 17.02.2017 ist gemäß Bescheinigung der Beklagten zu 1 vom selben Tag auf dem Fahrzeug das vom Kraftfahrt-Bundesamt vorgeschriebene Update aufgespielt worden.

Der Kaufpreis wurde über die Volkswagen Bank finanziert; vor Klageerhebung hatte der Kläger den Kredit vollständig getilgt.

Der Kläger hat angegeben, sich der Musterfeststellungsklage bei dem OLG Braunschweig nie angeschlossen zu haben.

Der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute, von der Beklagten zu 2 entwickelte und hergestellte Dieselmotor vom Typ EA 189 steht in Verbindung mit einer Software, die die Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren optimiert. Das Motorsteuerungsgerät ermöglicht dabei zwei Betriebsmodi bei der Abgasrückführung, einen Stickstoff-optimierten Modus 1 mit einer relativ hohen Abgasrückführungsrate und einen Partikel-optimierten-Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer ist. Die Software des Motorsteuerungsgerätes verfügt über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im üblichen Straßenverkehr oder auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet. Während des Prüfstandtests spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß dann das andere Motorprogramm ab, nämlich Modus 1 anstatt Modus 0, sodass hierdurch geringere Stickoxidwerte (im Folgenden: NOx) erzielt und die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte wie auch die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug hingegen im Abgasrückführungs-Modus 0 betrieben.

Nach Bekanntwerden des Einsatzes des in der Öffentlichkeit als Manipulationssoftware bezeichneten Motorsteuerungsprogrammes in verschiedenen Diesel-Fahrzeugen verschiedener Herstellerfirmen, u.a. der Beklagten zu 2, legte das Kraftfahrt-Bundesamt (im Folgenden: KBA) den Herstellerkonzernen im Herbst 2015 auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen. In der Folgezeit prüfte das KBA einen vorgelegten Maßnahmenplan und gab zeitlich gestaffelt die auf den jeweiligen Fahrzeugtyp abgestimmten Software-Updates frei.

Auch ohne das Software-Update ist der streitgegenständliche Wagen fahrbereit und verkehrssicher. Zudem wurde die EG-Typengenehmigung nicht entzogen, wenngleich das KBA das Aufspielen der jeweiligen Software als verpflichtend ansieht.

Der genauere zeitliche Ablauf stellte sich wie folgt dar:

Am 22.09.2015 informierte die Beklagte zu 2 die Öffentlichkeit durch eine Ad-hoc-Mitteilung über die Tatsache, dass in VW-Konzernfahrzeugen mit einem EA 189-Dieselmotor die vorstehend beschriebene Motorsteuerungssoftware eingebaut ist. Ferner schaltete sie Anfang Oktober 2015 eine Webseite frei, auf der jeder durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüfen konnte, ob sein Fahrzeug mit der Motorsteuerungssoftware ausgestattet ist. Daneben konnten sich sämtliche Fahrzeughalter telefonisch bzw. schriftlich per Brief oder E-Mail beim Volkswagen-Kundenservice informieren, ob ihr Fahrzeug mit der Motorsteuerungssoftware versehen ist. Am 02.10.2015 informierte die Beklagte zu 2 die VW-Partnerunternehmen darüber, dass Gebrauchtwagenkäufer über die Umschaltlogik aufgeklärt werden müssen. Nachdem der Beklagten zu 2 durch Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes vom 14.10.2015 aufgegeben worden war, tätig zu werden, teilte sie in einer Pressemitteilung vom 15.10.2...

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