Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 07.09.2011; Aktenzeichen 220 O 192/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 7.9.2011 - 220 O 192/11 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt, gestützt auf Rechte an der Single “M„ des Künstlers “H„, die am 22.7.2011 veröffentlicht worden ist, den Erlass einer Anordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG bezüglich der in der Anlage ASt1 aufgeführten IP-Adressen, die Internetanschlüssen zugewiesen waren, von denen aus im Zeitraum vom 17.8.2011 bis 22.8.2011 nach den Ermittlungen der Antragstellerin die genannte Single im Internet zum Herunterladen angeboten worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Single auf Platz 10 der Single-Charts gelistet mit einem P1-Faktor (= Verhältnis der absoluten Verkaufszahlen der Single zu den Verkaufszahlen der auf Platz 1 geführten Single) von 37,32.
Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren Anordnungsantrag weiterverfolgt.
II.
Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach dem Akteninhalt ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin Inhaberin der Rechte an dem genannten Musikwerk ist und dass die in der Anlage ASt1 genannten IP-Adressen Internetanschlüssen zugeordnet waren, von denen aus diese Werke ohne Einwilligung der Antragstellerin im Internet zum Herunterladen angeboten worden sind.
2. Die festgestellten Rechtsverletzungen weisen jedoch - wie das Landgericht zu Recht erkannt hat - kein gewerbliches Ausmaß im Sinne des § 101 Abs. 1 UrhG auf, was Voraussetzung auch für den gegen einen Dritten gerichteten Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 2 UrhG und damit für eine Anordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG ist (vgl. Senat, GRUR-RR 2009, 9). Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen muss eine Rechtsverletzung, damit sie ein gewerbliches Ausmaß aufweist, von einigem Gewicht sein (vgl. BVerfGE 125, 260 [Rn. 261] - Vorratsdatenspeicherung), was sich entweder aus der Anzahl oder aus der Schwere des inkriminierten Verhaltens ergeben kann (§ 101 Abs. 1 S. 2 UrhG). Für das Zugänglichmachen einer geschützten Datei unter einer dynamischen IP-Adresse im Rahmen eines Filesharing-Netzwerks (einer sog. Internettauschbörse) hat der Senat ergänzende Kriterien entwickelt und im nachfolgend auszugsweise wiedergegebenen Beschluss vom 27.12.2010 (GRUR-RR 2011, 85 [86] - Männersache) wie folgt zusammengefasst (zu einem Filmwerk):
“1. (…) Das Angebot eines einzelnen urheberrechtlich geschützten Werks im Internet in einer sog. Tauschbörse kann das geschützte Recht in einem gewerblichen Ausmaß verletzen. Denn der Rechtsverletzer hat es - auch wenn sich sein Angebot nur auf einen kurzen Zeitraum beschränkt haben mag - nicht mehr in der Hand, in welchem Umfang das Werk weiter vervielfältigt wird. Gerade in der weiteren Vervielfältigung liegt aber der Sinn und Zweck sog. Tauschbörsen im Internet (vgl. Senat, GRUR-RR 2009, 9 [11]; MMR 2009, 334). Der Gesetzgeber hat jedoch - wie sich aus der Gesetzesentstehung ergibt (vgl. die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/8783, S. 50) - bewusst nicht jede Rechtsverletzung für einen Auskunftsanspruch genügen lassen, sondern einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des Urhebers verlangt. Damit ist sichergestellt, dass die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Dritten (Art. 10 GG) durch die Erteilung der Auskunft gewahrt ist (vgl. Senat, Beschluss vom 26.7.2010 - 6 W 98/10).
Ein derart schwerer Eingriff kann sich zunächst daraus ergeben, dass ein Rechtsverletzer eine Vielzahl urheberrechtlich geschützter Werke öffentlich zugänglich macht. Dies lässt sich allerdings ohne die erst noch zu erteilende Auskunft des Internetproviders nicht feststellen, so dass hierauf ein Auskunftsanspruch praktisch nicht gestützt werden kann.
Eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß kann bei Vorliegen besonderer Umstände auch dann vorliegen, wenn ein einziges urheberrechtlich geschütztes Werk im Internet zum Herunterladen angeboten wird.
Ein gewerbliches Ausmaß kann sich zunächst aus dem hohen Wert des angebotenen Werks ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 3.11.2008 - 6 W 136/08, für ein Computerprogramm, dessen aktuelle Version 499 € kostet und für dessen frühere Versionen der Nutzungsberechtigte kostenlose Upgrades zur Verfügung stellt).
Die zweite Fallgruppe besteht darin, dass eine hinreichend umfangreiche Datei innerhalb ihrer relevanten Verwertungsphase öffentlich zugänglich gemacht wird (vgl. Senat, GRUR-RR 2009, 9 [11] - Ganz anders; Beschluss vom 21.7.2010 - 6 W 79/10; ebenso OLG Schleswig, GRUR-RR 2010, 239 [240]; für kurz nach der Erstveröffentlichung angebotene Dateien im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt/Main, GRUR-RR 2009, 15 [16]; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2...