Normenkette

UrhG §§ 19a, 101, 101 Abs. 1-2, 9, 9 Sätze 1-9, § 108a; StPO § 153; PatG § 140b Abs. 2; HGB § 1 Abs. 2; TKG § 96 Abs. 2 Sätze 1-2; BDSG §§ 4, 3 Abs. 1; FGG § 13a Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 16.09.2008; Aktenzeichen 28 AR 9/08)

 

Tenor

1.) Der Beschluss der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16.09.2008 - 28 AR 9/08 - wird aufgehoben. Die Sache wird zur endgültigen Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin an das Landgericht zurückverwiesen.

2.) Der Beteiligten wird untersagt, bis zur Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin die Daten zu löschen, aus denen sich (mit Name und Anschrift) ergibt, wem die in Anlage ASt 1 genannten IP-Adressen zu den dort genannten Zeitpunkten zugeordnet waren.

3.) Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Parteien jeweils selbst. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache den aus der Beschlussformel ersichtlichen (Teil-) Erfolg. Wie den Parteien bekannt ist, hat der Senat in einer gleichgelagerten Verfahrenskonstellation bereits entschieden (Beschluss vom 21.10.2008 - 6 Wx 2/08), dass die ohne rechtliches Gehör der Beteiligten ergangene, nach Form und Begründung nur einstweilige, in der Sache aber die endgültige Entscheidung vorwegnehmende Anordnung des Landgerichts nicht aufrecht erhalten bleiben kann; in dieser Hinsicht tritt die Antragstellerin der Beschwerde auch nicht entgegen.

2. Die weitergehende Beschwerde ist unbegründet. Die vollständige Zurückweisung des Antrags der Antragstellerin durch den Senat kommt nicht in Betracht; vielmehr ist die mit der Beschlussformel zu 2.) getroffene vorläufige Regelung sachlich geboten. Denn der Antrag hat aus derzeitiger Sicht Aussicht auf Erfolg. Bezugnehmend auf die im vorgenannten Senatsbeschluss dargestellten Grundsätze ist im Streitfall anzunehmen, dass die Antragstellerin - deren Aktivlegitimation als Inhaberin des ausschließlichen Nutzungsrechtes an der Software "Alchatech BPM Studio Pro" sich aus dem vorgelegten Vertragszusatz vom 20.03.2008 ergibt - eine offensichtliche Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß geltend macht; datenschutzrechtliche Bestimmungen stehen der erstrebten Anordnung nicht entgegen.

a) Nach dem Vorbringen der Antragstellerin wurde das genannte Computerprogramm über die in der Anlage 1 zum Antrag genannten drei IP-Adressen im Rahmen einer Internet-Tauschbörse anderen Nutzern zum Erwerb durch Herunterladen angeboten. Die in diesem öffentlichen Zugänglichmachen gemäß § 19a UrhG liegenden urheberrechtswidrigen Verwertungshandlungen haben unabhängig von ihrer Anzahl (ob die Rechtsverletzungen einem Verletzer mit mehreren dynamischen IP-Adressen oder mehreren Verletzern zuzuordnen sind, wird vor erteilter Auskunft selten feststellbar sein) wegen der Schwere der jeweiligen Rechtsverletzung gewerbliches Ausmaß im Sinne von § 101 Abs. 1 UrhG, was Voraussetzung für den Drittauskunftsanspruch aus § 101 Abs. 2 UrhG und die Anordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG ist, aber weder mit dem strafrechtlichen Begriff des gewerbsmäßigen Handelns in § 108a UrhG noch mit den Schwellenwerten für die Annahme gewerblichen Ausmaßes nach den inzwischen zu § 153 StPO erlassenen staatsanwaltschaftlichen Richtlinien gleichzusetzen ist.

Das für professionelle DJs konzipierte Computerprogramm wird am Markt zum Preis von 499,00 € angeboten, wobei auch die streitbefangene - ältere - Version 4.9.1 die Möglichkeit zu kostenlosen Aktualisierungen durch von der Webseite der Herstellerin herunterzuladende Updates einschließt und deshalb nach wie vor einen bedeutenden kommerziellen Wert hat. Wer ein solches Computerprogramm im Rahmen einer Internet-Tauschbörse der Öffentlichkeit zum Erwerb anbietet, handelt - nicht anders als der Anbieter eines vollständigen Musikalbums in der relevanten Verkaufsphase (vgl. die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/8783, S. 50) - entsprechend einem gewerblicher Anbieter zur Erlangung eines qualitativ gewichtigen, wenigstens mittelbaren wirtschaftlichen Vorteils und nicht wie ein gutgläubiger Endverbraucher (vgl. Richtlinie 2004/48/EG, Erwägungsgrund 14; vgl. zur Übernahme des relativ weitgehenden Begriffs des gewerblichen Ausmaßes aus der Richtlinie im Hinblick auf Internet-Tauschbörsen auch die Rede des Abgeordneten Dr. L2, BT-Plenarprot. 16/155, S. 16321 B). Er kann und will um eigener Vorteile willen, die ihm die Tauschbörse - durch eine mit dem Angebot verbundene höhere eigene Downloadrate - bietet, nicht mehr kontrollieren, in welchem Umfang andere Teilnehmer der Tauschbörse von seinem kommerziell attraktiven Angebot Gebrauch machen. Damit greift er in fremde urheberrechtliche Befugnisse mit einer Intensität ein, die einer gewerblichen Nutzung entspricht.

Unerheblich ist, dass die Rechtsverletzung nur für einen bestimmten Zeitpunkt dargelegt ist und es nicht ausgeschlossen - wenn auch untypisch - erscheint, dass die Datei von dem betreffenden Verletzer nur für k...

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