Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustbeteiligung des Kommanditisten auch bei HWiG-Widerruf seines Gesellschaftsbeitritts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird der Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft wirksam widerrufen, gelten die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft: Der Widerruf entfaltet Wirkung nur für die Zukunft. Der seinen Beitritt widerrufende Gesellschafter kann nicht seine Einlage zurückverlangen, sondern hat nur Anspruch auf Auseinandersetzung zum Stichtag des Wirksamwerdens des Widerrufs.

2. Ergibt die Auseinandersetzungsbilanz einen die geleistete Einlage übersteigenden Verlust, ist der seinen Beitritt widerrufende Gesellschafter zu dessen Ausgleich verpflichtet.

3. Dies gilt auch dann, wenn der Widerruf wegen unterbliebender Belehrung im Rahmen eines Haustürgeschäfts erfolgt (früher § 1 HWiG, jetzt § 312 BGB).

 

Normenkette

BGB § 361a; HwiG § 1; HGB § 161

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 13.05.2007; Aktenzeichen 9 O 71/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Bonn vom 13.5.2005 (Az: 9 O 71/05) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.158,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.3.2005 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die durch die Anrufung des LG Berlin entstandenen Kosten, im Übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist ein als Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG organisierten (geschlossener) Immobilienfonds. Gegenstand der Gesellschaft ist die Errichtung eines Bürohauses in der D-Straße 71 in D und dessen langfristige Nutzung durch Vermietung und Verpachtung. Das Bürogebäude wurde im Mai 1994 auf einem Grundstück der Klägerin fertig gestellt und anschließend an die E C AG vermietet, die das Mietverhältnis zum 31.5.2004 gekündigt hat. Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist ergaben sich an dem Gebäude erhebliche Mängel, deren Beseitigung einen Kostenaufwand von ca. 530.000 EUR erfordert.

Nach Gesprächen mit einem Vertreter der Klägerin in ihrem Haus hatte die Beklagte am 17.11.1993 eine Beitrittserklärung zur Klägerin unterzeichnet und einen Kommanditanteil i.H.v. 100.000 DM übernommen. Entsprechend der Regelung in § 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages zahlte sie hierauf zunächst nur die Hälfte ein. Nachdem sich wirtschaftliche Schwierigkeiten der Klägerin abzeichneten, erklärte die Beklagte am 17.3.2003 den Widerruf ihrer Beitrittserklärung.

Die Klägerin vertrat zunächst die Auffassung, dass die Beklagte weiterhin ihre Kommanditistin sei, und verlangte von ihr zunächst einen Teilbetrag in Höhe der Klageforderung auf die noch ausstehende Kommanditeinlage. Vorausgegangen war ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 4.6.2003, wonach gem. § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages ein Teilbetrag von 28 % der noch ausstehenden Kommanditeinlagen von den Kommanditisten eingefordert werden sollte. Wegen der Einzelheiten dieser und der weiteren Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages wird auf den als Anlage K 1 zur Akte gereichten Gesellschaftsvertrag Bezug genommen. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin dann den Widerruf der Beitrittserklärung der Beklagten akzeptiert und eine auf den 19.3.2003 bezogene Auseinandersetzungsbilanz vorgelegt, aus der sich ein auf die Beklagte entfallender Verlustanteil i.H.v. 21.734,96 EUR ergab; wegen der Einzelheiten wird auf das Schiedsgutachten des Wirtschaftsprüfers F vom 8.3.2005 (Anlage K 19 zum Schriftsatz der Klägerin vom 8.3.2005, Bl. 99 ff. d.A.) verwiesen. Von diesem Verlustanteil macht die Klägerin nun einen Teilbetrag in Höhe der Klageforderung geltend.

Die Klägerin hat behauptet, dass der auf die Beklagte entfallende Auseinandersetzungsverlust in der Auseinandersetzungsbilanz, die ein Wirtschaftsprüfer gem. § 15 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages verbindlich festgestellt habe, zutreffend ermittelt worden sei.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.158,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.3.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an sie 25.564,59 EUR Zug um Zug gegen Rückabtretung ihres Kommanditanteils an der Klägerin zu zahlen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihr Widerruf der Beitrittserklärung dazu führen müsse, dass sie so gestellt werde, als wenn sie der Klägerin nie beigetreten wäre.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das LG Bonn hat mit Urteil vom 13.5.2005 Klage und Widerklage abgewiesen. Der Widerruf der Beitrittserklärung seitens der Beklagten entfalte nach den Grundsätzen der fehlerhaften...

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