Entscheidungsstichwort (Thema)

Eine ungenaue oder unrichtige Bezeichnung der Partei ist unschädlich, wenn die Identität der Partei gewahrt bleibt; Anscheinsbeweis für "gestellten Verkehrsunfall"

 

Leitsatz (amtlich)

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht die Behauptung entgegen, es handele sich bei dem als "XY" bezeichneten Kläger um eine andere Person. Allein die ungenaue oder unrichtige Bezeichnung der Partei ist unschädlich, wenn die Identität der Partei gewahrt bleibt. Es ist nicht vorgetragen, dass es sich bei der in der mündlichen Verhandlung erschienenen Partei nicht um die im Prozess als Partei auftretende Person handelt. Vielmehr ist der Vortrag nur dahingehend zu verstehen, dass die im Prozess auftretende Partei unter einem falschen Namen diesen Prozess führt. Das allein reicht nicht aus, um die Klage als unzulässig anzusehen, weil es sich um eine falsche Partei handelte.

Bei Häufung von Anzeichen, die auf eine Manipulation des Unfallgeschehens hindeuten, ist der Anscheinsbeweis für einen "gestellten Unfall" geführt. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann. Dabei bedarf es zum Nachweis einer Kollisionsabsprache allerdings keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung ausschließt.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 18; BGB § 823 Abs. 1; ZPO § 50

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 12.06.2012; Aktenzeichen 36 O 211/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und Streithelferin der Beklagten zu 2) wird das Urteil der 36. Zivilkammer des LG Köln vom 12.6.2012 - 36 O 211/09 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der sich am 10.12.2008 gegen 22:45 Uhr in L auf der - schneebedeckten - Q Nr. 1 ereignet hat. Nach der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige (Blatt 24 GA) soll die Beklagte zu 2) mit ihrem 1993 zugelassenen Pkw G mit dem amtlichen Kennzeichen XX-YY 000 beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke gegen den am Fahrbahnrand geparkten und 2002 zugelassenen Pkw N des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen 000 YYY 00 gestoßen und diesen beschädigt haben.

Der Kläger hat behauptet, die Angaben in der polizeilichen Unfallanzeige seien zutreffend. Die Kosten für die Reparatur seines Pkws würden 8.584,28 EUR betragen, hinzu kämen Gutachterkosten i.H.v. 761,30 EUR. Abgesehen vom Unfalltag habe er keinen Kontakt mit der Beklagten zu 2) gehabt.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 10.235,58 EUR zu zahlen, und zwar an den Kläger 9.474,28 EUR (inklusive 890 EUR vorgerichtlicher Anwaltskosten) und an das Sachverständigenbüro L2 GbR zu Gutachten Nr. QQQ-1xxx 761,30 EUR jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.2.2009.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1), die die Identität des Klägers, dessen Aufenthaltsort und dessen Aktivlegitimation sowie eine Haftung dem Grunde wie der Höhe nach bestreitet, hat behauptet, der angebliche Verkehrsunfall sei nicht unfreiwillig gewesen. Nach den Umständen zu urteilen sei der Unfall zu betrügerischen Zwecken fingiert bzw. gestellt worden. Die Beklagte zu 2) soll 1998 innerhalb von 7 Monaten weitere 3 Unfälle verschuldet haben, bei welchen die Fahrer bzw. Halter der anderen Fahrzeuge Sizilianer gewesen seien. Es sei ausgeschlossen, dass sämtliche Schäden der an den 3 Vorunfällen beteiligten Fahrzeuge durch das Fahrzeug der Beklagten zu 2) unfreiwillig verursacht worden seien. Die Beklagte zu 1) bezieht sich auf das Gutachten I vom 20.4.2009 (Anlage B 9).

Die Beklagte zu 2) hat behauptet, das Unfallgeschehen sowie die sie und ihren Pkw betreffenden Angaben seien in der polizeilichen Unfallanzeige zutreffend wiedergegeben. Sie hat allerdings den vom Kläger geltend gemachten Schaden der Höhe nach bestritten.

Das LG hat die Beklagten als Gesamtschuldner antragsgemäß verurteilt. Es hat die Klage für zulässig erachtet und angenommen, dass es sich - nach Vorlage des Personalausweises - bei dem anwesenden Kläger, um den in der Klageschrift benannten K handelt. Die Klage sei auch begründet. Der Kläger sei aktivlegitimiert. Die von der Beklagten zu 1) vorgetragenen Indizien reichten zudem nicht aus, um den Schluss zu rechtfertigen, da...

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