Leitsatz (amtlich)

›1. Eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO ist nicht zulässig, wenn der zugrundeliegende Prozeßvergleich, dessen Abänderung begehrt wird, nach § 779 BGB unwirksam ist.

2. Ein umfassender Prozeßvergleich über Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt sowie Zugewinnausgleich ist nach § 779 BGB unwirksam, wenn nach dem Inhalt des Vergleichs beide Parteien gemeinsam davon ausgegangen sind, daß der Unterhaltspflichtige - trotz bereits mit seinem Arbeitgeber getroffener Vorruhestandsregelung - aufgrund einer mit seinem Arbeitgeber noch zu treffenden Vereinbarung in dem bisherigen Umfang bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres weiter erwerbstätig sein würde, sich diese gemeinsame Vorstellung beider Parteien indes bereits kurz nach dem Vergleichsabschluß nicht erfüllt.‹

A. Nur einem wirksam zustande gekommenen Prozessvergleich kommt eine verfahrensbeendende Wirkung zu, ansonsten ist der Rechtsstreit mit Rücksicht auf die Unwirksamkeit des Prozessvergleichs durch Fortsetzung des früheren Verfahrens auszutragen.

B. Wenn der nach der gemeinsamen Vorstellung der Parteien bei Vergleichsabschluss als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entsprochen hat, ist der Vergleich in Anwendung von § 779 BGB nicht wirksam. Bei einer derartigen Fallkonstellation kommt eine Anpassung des unwirksamen Vergleichs an die Verhältnisse nicht in Betracht. Eine Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO ist dann nicht möglich.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die vom Kläger erhobene Abänderungsklage, mit welcher er die Abänderung der in dem von den Parteien vor dem Senat in dem Familienrechtsstreit - 4 UF 43/96 - abgeschlossenen Prozessvergleich getroffenen Unterhaltsregelung begehrt, ist nicht zulässig. Dieser Prozessvergleich, der nicht, nur eine Prozesshandlung darstellt" deren Wirkungen sich nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts richt et, sondern der mit Rücksicht auf seine rechtliche Doppelnatur auch ein privatrechtlicher Vertrag ist, für den die Regeln des materiellen Rechts gelten (vgl. BGH, NJW 1982, 2072, 2073; 1985, 1962, 1963), ist nämlich in Anwendung des 779 BGB unwirksam, wie noch auszuführen ist, und kann daher nicht Grundlage der vom Kläger erhobenen Abänderungsklage sein, mit der er die Herabsetzung des in dem Vergleich für die Beklagte geregelten Unterhaltsanspruchs begehrt. Da nur einem wirksam zustande gekommenen Prozessvergleich verfahrensbeendene Wirkung zukommt, ist mit Rücksicht auf die Unwirksamkeit des Prozessvergleichs der Streit zwischen den Parteien insoweit durch Fortsetzung des früheren Familienrechtsstreits - 4 UF 43/96 - auszutragen.

Hierfür kann im Ergebnis dahinstehen, ob sich die Unwirksamkeit des Prozessvergleichs vom 08.10.1996 aus dem Gesichtspunkt der arglistigen Täuschung gemäß den §§ 123, 142 BGB deswegen ergibt, weil der Kläger im Verhandlungstermin vor dem Senat vom 8.10.1996 die Beklagte nicht über den bereits drei Monate zuvor, nämlich unter dem 11.7.1996 abgeschlossenen Abwicklungsvertrag (Blatt 64 bis 66 GA) aufgeklärt hat. Hierin ist allerdings ausdrücklich festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf arbeitgeberseitige Veranlassung durch fristgerechte ordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 08.08.1995 zum 30.11.1996 seine Beendigung finden sollte. Weder auf den Abschluss dieses Abwicklungsvertrages hat der Kläger die Beklagte hingewiesen noch darauf, dass er seine Kündigungsschutzklage vom 14.6.1996 bereits mit Schriftsatz vom 23.7.1996 im Arbeitsgerichtsprozess zurückgenommen hatte. Damit hat der Kläger die bereits abgeschlossene Vorruhestandsvereinbarung verschwiegen, die dazu führte, dass sein Arbeitsverhältnis bereits zum 30.11.1996 endete und er lediglich bis zur Vollendung seines 63. Lebensjahres am 30.4.1997 eine Zuzahlung seitens der Arbeitgeberin erhielt, mit der er dann zusammen mit den Arbeitslosengeldleistungen bis zu diesem Zeitpunkt ein Einkommen in Höhe von 96,5 % seines früheren Nettoeinkommens, in der Zeit ab 1.5.1997 indes nur noch ein Einkommen aus Arbeitslosengeldzahlungen erzielte. Die Beklagte indes durfte auf der Grundlage der mitgeteilten Umstände bei Vergleichsabschluss am 8.10.1996 davon ausgehen - der Kläger hatte im Rahmen des Vergleichsgesprächs nur darauf hingewiesen, sein Arbeitgeber wolle sich möglicherweise vorzeitig von ihm trennen -, dass der Kläger bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres am 30.4.1999 seine Arbeit fortführen würde, wenn es bei der derzeitigen Lage bliebe, er jedenfalls nicht schon einige Monate später nur noch Arbeitslosengeldzahlungen erzielen würde und der in dem Vergleich vom 8.10.1996 vereinbarte Nachscheidungsunterhalt von 1.560,00 DM zuzüglich 440,00 DM Altersvorsorgeunterhalt schon ab Mai 1997 in erheblicher Weise verringert würde. Vor diesem Hintergrund ist die in dem Prozessvergleich weiter getroffene Vereinbarung über die Zahlung des Klägers zum Ausgleich des Zugewinns und des Trennungsunterhaltes an die Beklagte in Höhe von 110.000,00 als Teil der gesamten Vergleic...

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