Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 18.09.2013; Aktenzeichen 28 O 150/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.09.2015; Aktenzeichen VI ZR 175/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Köln vom 18.9.2013 zur Geschäftsnummer 28 O 150/13 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die identifizierende Erwähnung der minderjährigen Klägerin in dem von der Beklagten zu 1) verlegten und von der Beklagten zu 2) verfassten Buch "Hexenjagd - mein Schuldienst in Berlin". Die Klägerin begehrt insoweit Unterlassung sowie Entschädigung in Geld.

Die Beklagte zu 2), Ehefrau des ehemaligen Finanzsenators in Berlin und Buchautors Thilo Sarazzin, war bis zum Jahr 2011 als Grundschullehrerin in Berlin tätig. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Schuldienst verfasste sie das Buch "Hexenjagd - mein Schuldienst in Berlin", welches sich mit den Strukturen der Berliner Schulen und der Schulverwaltung im allgemeinen, vor allem aber auch mit den persönlichen Erfahrungen der Beklagten zu 2} in den letzten Jahren ihres Schuldienstes befasst.

Die Klägerin wurde nach einem Umzug aus einem anderen Bezirk im Winter 2007 an der Schule angemeldet, an der die Beklagte zu 2) unterrichtete. Die Klägerin nahm probeweise am Unterricht der dritten Klasse teil, um zu testen, ob sie geeignet sei, die zweite Klasse zu überspringen. Die Beklagte zu 2), die die Klassenlehrerin dieser dritten Klasse war, sprach sich gegen ein Überspringen aus. Die tatsächlichen Umstände dieser probeweisen Hochversetzung der Klägerin sind zwischen den Parteien im Einzelnen streitig. Die Beklagte zu 2) schildert in ihrem Buch diese Vorgänge aus ihrer Sicht und nennt dabei den vollständigen Namen der Klägerin auf Bl. 166 der Druckversion ihres Buches zweifach unmittelbar aufeinanderfolgend, ohne dass eine ausdrückliche Einwilligung der Klägerin oder deren Mutter vorlag. An weiteren Stellen in dem Buch wird die Klägerin als S. Appel {Bl, 167), als Kind von Patricia Appel und als Tochter von Patricia Appel (Bl. 141, 163, 266) bezeichnet.

Die Beklagten wurden mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2012 zur Unterlassung aufgefordert. Mit Schreiben vom 5.11.2012 und vom 9.11.2012 gaben die Beklagten strafbewehrte Unterlassungserklärungen für die zweite Auflage der Druckversion des Buches sowie für die E-Book-Version hinsichtlich des vollständigen Namens der Klägerin ab. ln der mündlichen Verhandlung erster Instanz vom 24.7.2013 haben die Beklagten erklärt, dass sich ihre Unterlassungserklärung auch auf die Nennung des abgekürzten Namens "S. Appel" bezieht.

Die Mutter der Klägerin, Frau Patricia Appel (jetzt Grüger) wandte sich im November 2008 an die Berliner Zeitung und schilderte unter Nennung ihres eigenen Namens und des Namens der Beklagten zu 2) die schulische Situation der Klägerin. Nach Veröffentlichung dieses am 5.11.2008 erschienenen Artikels (BL 45 d.A.) wurde in mehreren Presseartikeln über die Beklagte zu 2) und die Klägerin berichtet. Dabei wurde zwar die Mutter der Klägerin namentlich genannt, diese selbst jedoch nicht. Der Name der Grundschule und die besuchte Klasse fand Erwähnung.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Presseberichterstattung aus dem Jahr 2008 gebe den Beklagten nicht das Recht zur identifizierenden Berichterstattung. Denn - unstreitig - ihr voller Name sei zu keinem Zeitpunkt veröffentlicht worden. Soweit die Mutter der Klägerin identifizierende Merkmale bekannt gegeben habe, müsse sich die Klägerin dies nicht zurechnen lassen. Die Klägerin sieht sich durch die Darstellung als unreife "Pseudo- Hochbegabte" im Zusammenhang mit der Namensnennung in der Intimsphäre verletzt. Dies gelte auch für die Bezeichnung mit Tochter oder Kind von Patricia Appel. Auch insoweit ist die Klägerin der Auffassung, dass eine Selbstöffnung nicht vorliege, zumal eine solche wenn überhaupt durch ihre Mutter erfolgt sei.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass eme Wiederholungsgefahr weiter bestehe, da die von den Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärungen nicht geeignet seien, das Begehren der Klägerin zu erfüllen. Es bestehe auch weiterhin die Gefahr, dass die Beklagte zu 2) in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Vorträgen und Buchvorstellungen den Namen der Klägerin nenne. Die Klägerin beansprucht eine Geldentschädigung i.H.v. 10.000 EUR, da die Namensnennung eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung bedeute, die auch bereits zu einer Erkrankung der Klägerin im Jahr 2013 geführt habe. Diese Erkrankung resultiere aus einer Besprechung des Buches im Religionsunterricht.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt

1. der Beklagten zu 1 zu verbieten, das Druckerzeugnis und ebook "Hexenjagd - Mein Schuldienst in Berlin" (ISBN 3424350761) in den Verkehr zu bringen und öffentlich zu verbreit...

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