Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.11.2023; Aktenzeichen NotZ (Brfg) 4/22, NotZ 1/23)

BVerfG (Beschluss vom 18.10.2023; Aktenzeichen 1 BvR 1796/23)

BGH (Urteil vom 21.08.2023; Aktenzeichen NotZ (Brfg) 4/22)

BGH (Beschluss vom 06.03.2023; Aktenzeichen NotZ (Brfg) 4/22)

BGH (Beschluss vom 14.11.2022; Aktenzeichen NotZ (Brfg) 4/22)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der am xx.xx.1953 geborene und heute 68-jährige Kläger, der seit 1992 als Anwaltsnotar in A im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf tätig ist, wendet sich mit seiner Feststellungsklage gegen die Altershöchstgrenze von 70 Jahren für Anwaltsnotare. Seiner Auffassung nach verstößt die Altershöchstgrenze wegen Altersdiskriminierung gegen Unionsrecht. Er beruft sich dabei auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 3. Juni 2021 (Az. C-914/19), wonach Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die für die Zulassung zum Auswahlverfahren für den Zugang zum Notarberuf eine Altersgrenze von 50 Jahren festlegt. Die sich aus dieser Entscheidung ergebenden Grundsätze sollen seiner Ansicht nach auch auf eine Altershöchstgrenze übertragbar sein. Von den im Jahr 2020 ausgeschriebenen Notarstellen in Deutschland hätten nicht einmal die Hälfte tatsächlich besetzt werden können. Diese Entwicklung setze sich im Jahr 2021 fort und lasse die Altershöchstgrenze von 70 Jahren als nicht erforderlich und damit nicht gerechtfertigt erscheinen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass sein Amt als Anwaltsnotar nicht mit dem Ablauf des Monats erlischt, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet.

Der Beklagte beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Seiner Auffassung nach besteht die vom Kläger unterstellte verfestigte Situation eines Nachwuchsmangels nicht. Zum 1. Januar 2021 sei in Nordrhein-Westfalen die Anzahl der jährlichen Urkundsgeschäfte, ab der regelmäßig von einem Bedürfnis für eine weitere Notarstelle auszugehen ist (sog. Bedürfniszahl), von 275 auf 350 Urkundsgeschäfte heraufgesetzt worden (§ 15 Abs. 1 S. 1 AVNot NRW). Der künftige Bedarf an Bewerbern für das Anwaltsnotariat sei dadurch erheblich gesunken. Außerdem habe der Bundesgesetzgeber Maßnahmen ergriffen, um die Attraktivität des Notarberufs für Frauen zu erhöhen (§ 48b BNotO). Ferner sei unter bestimmten Bedingungen eine Möglichkeit der Verkürzung der örtlichen Wartezeit geschaffen worden (§ 5b Abs. 3 BNotO). Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 3. Juni 2021 (Az. C-914/19) beträfe auch nur die Altersgrenze für den Zugang zum Notarberuf. Auf die Altershöchstgrenze sei diese Entscheidung nicht übertragbar. Selbst wenn der vom Kläger unterstellte Nachwuchsmangel bestünde, gebe es für den nationalen Gesetzgeber weitere Möglichkeiten einer Abhilfe und nicht bloß die Erhöhung der Altershöchstgrenze.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vortrag der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2021 hat der Kläger und mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2021 der Beklagte einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Der Kläger hat die Zulassung der Berufung angeregt.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Feststellungsklage ist im öffentlich-rechtlichen Rechtsweg nach § 111 b Abs. 1 S. 1 BNotO i.V.m. § 43 VwGO statthaft. Durch Klage kann gemäß § 43 VwGO die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Angesichts des Alters des Klägers von 68 Jahren und dem absehbaren Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren besteht ein berechtigtes Interesse an der "baldigen" Feststellung.

2. Die Feststellungsklage ist aber unbegründet.

a) Das Amt des Notars erlischt nach § 47 Nr. 2, 1. Fall BNotO unter anderem durch Erreichen der Altersgrenze. Die Notare erreichen gemäß § 48a BNotO mit dem Ende des Monats, in dem sie das siebzigste Lebensjahr vollenden, die Altersgrenze. Mit der Einführung eines Höchstalters für die Ausübung des Notarberufs als eines öffentlichen Amtes soll eine geordnete Altersstruktur, insbesondere im Anwaltsnotariat, gewahrt werden (BT-Drs. 11/8307, S. 18).

b) Die Altershöchstgrenze von 70 Jahren aus §§ 47 Nr. 2, 1. Fall, 48a BNotO ist mit dem Grundgesetz und dabei insbesondere mit der Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) vereinbar (BVerfG, Beschluss vom 27.06.2014 - 1 BvR 1313/14, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 22.03.2010 - NotZ 16/09, NJW 2010, 3783 ff., Rn. 6 ff.; BGH, Beschluss vom 17.03.2014 - NotZ (Brfg) 21/13, ZNotP 2014, 111 ff., juris Rn. 4). Gegen diese ständige höchstrichterliche Rechtsprechung er...

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