Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 10.10.1995; Aktenzeichen 5 O 182/92)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 28.01.1998; Aktenzeichen 2 BvR 1981/97)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Oktober 1995 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 5 O 182/92 – wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte und die Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von je 25.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet wird. Die jeweiligen Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Erbe seines Vaters, des früheren Fürsten von und zu L.. Dieser war bis Ende 1944 Besitzer des streitbefangenen Bildes „Der große Kalkofen” von Pieter van Laer, das seit mindestens 1767 zu der Sammlung der Familie L. gehörte. Das Bild befand sich zum Ende des zweiten Weltkrieges in einem der Schlösser der Familie L. in der heutigen tschechischen Republik. Im Jahre 1991 erhielt es die Beklagte als Leihgabe von der Streithelferin für eine Ausstellung. Aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Köln vom 11. November 1991 – 5 O 388/91 – erfolgte am 17.12.1991 die Sequestration des Bildes.

Der Kläger begehrt die Zustimmung der Beklagten zur Herausgabe des Bildes an ihn. Er hat gemeint, daß er als Erbe seines Vaters Eigentümer des Bildes geworden sei. Das Bild sei nicht Gegenstand von Enteignungsmaßnahmen der Tschechoslowakei gewesen, jedenfalls seien derartige Maßnahmen unwirksam oder aber wegen Verstoßes gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland unbeachtlich.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Bild von Pieter van Laer mit dem Titel „Szene um einen römischen Kalkofen” (Maße: 51,5 cm × 69,2 cm) an ihn herauszugeben, indem sie sich mit der Übergabe des zuvor genannten Bildes aus dem Gewahrsam des Obergerichtsvollziehers K. als Sequester an den Kläger einverstanden erklärt und das Bild insoweit freigibt.

Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte und die Streithelferin haben gemeint, daß der Vater des Klägers sein Eigentum an dem Bild durch in der Tschechoslowakei erfolgte Enteignung verloren habe. Die Streithelferin der Beklagten hat insoweit vorgetragen, daß das streitbefangene Bild durch das 12. Dekret des Präsidenten vom 21. Juni 1945 enteignet worden sei. Die Rechtmäßigkeit dieser Enteignung sei durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Bratislava vom 21. November 1951 festgestellt worden.

Durch Urteil vom 10. Oktober 1995 – 5 O 182/92 LG Köln –, auf das wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig, der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten sei nicht eröffnet. Dies ergebe sich aus Art. 3 des VI. Teils des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 23. Oktober 1954, der heute noch Geltung habe. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien gegeben. Die Enteignung des Vaters des Klägers durch das 12. Dekret des Präsidenten der Tschechoslowakei vom 21. Juni 1945 stelle eine Maßnahme im Sinne des Teils VI Art. 3 Abs. 1 Überleitungsvertrag dar.

Gegen dieses ihm am 20. Oktober 1995 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 15. November 1995 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1. März 1996 mit am 27. Februar 1996 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Der Kläger ist der Auffassung, der Überleitungsvertrag sei insgesamt durch den sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 aufgehoben worden. Der Briefwechsel zwischen dem Bundesministerium für das Auswärtige der Bundesrepublik Deutschland und den Botschaften der Drei West-Mächte vom 27./28. September 1990 habe das Fortbestehen von Art. 3 Abs. 3 des VI. Teils des Überleitungsvertrags nicht bewirken können, da dieser nicht von den zuständigen gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland genehmigt und ratifiziert worden sei. Auch die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 des VI. Teils des Überleitungsvertrages seien nicht gegeben. Bei dem konfiszierten Vermögen des Vaters des Klägers habe es sich nicht um deutsches Auslandsvermögen im Sinne dieser Bestimmung gehandelt. Diese Bestimmung sei Teil des Kriegsvölkerrechts, das keine Anwendung auf neutrale Staaten wie L. finden könne. Es habe sich auch nicht um eine Maßnahme der Reparation gehandelt, vielmehr habe das Benes-Dekrekt Nr. 12 den Charakter einer Strafmaßnahme gehabt. Schließlich könne die entsprechende Bestimmung des Überleitungsvertrages nach dem dort geschützten Personenkreis eine Anwendung, auch eine analoge Anwendung, auf den ...

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