Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 19.09.2016; Aktenzeichen 12 O 215/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels wird das am 19.09.2016 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Köln (12 O 215/15) teilweise abgeändert und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - verurteilt, an die Klägerin 11.535,88 EUR nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert für die 1. Instanz und das Berufungsverfahren wird auf jeweils 11.535,88 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Töchter des am XX. XX. XXXX verstorbenen L E N (im Folgenden: Erblasser), der außerdem einen Sohn, Herrn S N, (im Folgenden: Bruder/Sohn) und eine vorverstorbene Ehefrau hatte.

Am 19.04.2007 schlossen der Erblasser und seine Ehefrau einen notariell beurkundeten Erbvertrag (Bl 128-139 GA). Darin bestimmte der Erblasser für den Fall, dass sein Sohn zum Zeitpunkt seines Todes insolvent sei und über sein Vermögen das Insolvenzverfahren durchgeführt werde, die Beklagte als Vorerbin und den Sohn als Nacherben, beginnend mit dem Eintritt der Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren. Weiterhin wandte er der Beklagten ein Vermächtnis auf Übertragung eines halben Miteigentumsanteil an dem Grundstück I X in X zu. Die Klägerin wurde nicht bedacht.

Zum Zeitpunkt des Erbfalls befand sich der Bruder in der Insolvenz, ihm wurde am 31.07.2015 Restschuldbefreiung erteilt.

Mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 26.05.2015 forderte die Klägerin die Beklagte im Hinblick auf den ihr zustehenden 1/6-Pflichtteilsanspruch zur Auskunft über den Nachlassbestand zum Zeitpunkt des Erbfalls auf (Bl 12 GA). Über ihren damaligen Rechtsanwalt Q teilte die Beklagte mit Schreiben vom 24.09.2015 ein Aktivvermögen iHv 554.417,95 EUR und ein Passivvermögen iHv 485.202,67 EUR mit (Bl 23-25 GA), woraufhin die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 01.10.2015 zur Zahlung des sich aus der Differenz von 69.215,28 EUR ergebenden Pflichtteils iHv 11.535,88 EUR bis zum 10.10.2015 aufforderte (Bl 14 GA).

Nachdem auch weitere Zahlungsaufforderungen erfolglos blieben, reichte der Klägervertreter am 23.11.2015 die vorliegende Zahlungsklage beim LG Köln ein. Nach Zustellung der Klageschrift am 24.12.2015 kündigte Rechtsanwalt Q mit Schriftsatz vom 29.12.2015 für die Beklagte gegenüber dem LG Verteidigungsbereitschaft an. In der Folgezeit kam es zu einem außerprozessualen Schriftwechsel zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem für die Beklagte tätigen Rechtsanwalt Q: In einem Schreiben vom 03.03.2016 (Bl 49 GA) nahm der Vertreter der Klägerin Bezug auf eine Unterredung vom 02.03.2016, wonach die Beklagte die Klageforderung anerkennen wolle und auch bereit sei, die mit der Klage verbundenen Kosten zu tragen; sobald das Geld vorliege, werde Klagerücknahme erfolgen und seitens der Beklagten kein Kostenantrag gestellt. Darauf antwortete Rechtsanwalt Q dem Klägervertreter mit E-Mail vom 03.03.2016 (Bl 50 GA): "Vielen Dank für ihr Schreiben vom 03.3.2016. Der Inhalt wird bestätigt. Eine Begleichung Ihrer Kosten sowie eine Gerichtsgebühr kann erst erfolgen, wenn sie diese konkret in Rechnung stellen." Mit Schreiben vom 04.03.2016 (Bl 51 GA) übersandte der Klägervertreter Rechtsanwalt Q die anwaltliche Kostenrechnung nebst Angabe der Gerichtskosten. Mit Telefax vom gleichen Tag teilte Rechtsanwalt Q dem LG mit, eine Verständigung der Parteien sei nun doch nicht zustande gekommen und er lege das Mandat nieder (Bl 37 GA).

Zu einem nicht näher angegebenen späteren Zeitpunkt trat der Bruder der Klägerin seine Ansprüche gegen die Beklagte aus dem Nacherbfall in Höhe eines Betrages von 11.535,88 EUR nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 03.06.2015 ab (Bl 93 GA).

Die Klägerin hat von der Beklagten die Zahlung von 11.535,88 EUR begehrt. Dies hat sie in erster Linie auf ihren Pflichtteilsanspruch sowie die ihrer Ansicht nach dazu über die Rechtsanwälte getroffene Vereinbarung und in zweiter Linie auf die an sie abgetretene Nacherbenforderung des Bruders gestützt.

Die Beklagte hat etwaige Ansprüche der Klägerin bestritten und hilfsweise gegenüber dem abgetretenen Anspruch des Bruders die Aufrechnung mit drei Gegenforderungen erklärt. Diesbezüglich wird wegen der Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung verwiesen.

Das LG hat die auf Zahlung von 11.535,88 EUR - nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2015 - gerichtete Klage mit folgender Begründung abgewiesen: Ein eigener Anspruch der Klägerin aus ihrem Pflichtteilsrecht bestehe nicht, da die Beklagte seit dem 31.07.2015 keine Erbenstellung mehr habe, sich ihre Haftung auch nicht aus einer Nachhaftung gemäß § 2145 Abs. 1 BGB ergebe un...

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