Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 29.06.1989; Aktenzeichen 2 O 191/89)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.06.1989 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 2 O 191/89 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Es ist schon zweifelhaft, ob zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten überhaupt ein Gesamtschuldverhältnis bestanden hat, denn nur dann konnten dem Versicherungsnehmer der Klägerin als Grundstückeigentümer gegen die Beklagte als Mieterin ein Ausgleichsanspruch zustehen, § 426 BGB, der gemäß § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen wäre. Die Klägerin vermag nämlich nicht zur Überzeugung des Senats vorzutragen, aus welchem Grund sie der Zeugin N. Schadensersatz geleistet hat. Als Haftpflichtversicherer des Grundstückeigentümers war sie dazu nur verpflichtet, wenn ihrem Versicherungsnehmer eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen war. Dafür ist nichts ersichtlich. Entsprechende zeitnahe Feststellungen hat die Klägerin auch nicht getroffen. Als Grundstückeigentümer haftete der Versicherungsnehmer der Klägerin nämlich nur, wenn der Zustand der Treppe, auf der die Zeugin N. zu Fall gekommen ist, nicht verkehrssicher war und wenn den Grundstückeigentümer am Zustand der Treppe ein Verschulden traf, d.h. wenn er den Mangel hätte erkennen können und wenn er ihn nicht rechtzeitig beseitigt hätte. Für beide Voraussetzungen hat die Klägerin nicht genügend vorgetragen.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte aber auch auf Grund anderer Überlegungen keine Schadensersatzansprüche zu. Dabei kann offen bleiben, ob ein Forderungsübergang nach § 67 VVG hier schon deshalb scheitert, weil die Beklagte als Mieterin der im Erdgeschoß gelegenen Räume nicht Dritter, sondern neben dem Hauseigentümer im Rahmen der Haftpflichtversicherung Versicherter war. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte deshalb keine Schadensersatzansprüche zu, weil der bei der Klägerin versicherte Hauseigentümer von der Beklagten als Mieterin keinen Schadensersatz verlangen kann, so daß es keine Schadensersatzansprüche gibt, die auf die Klägerin die übergegangen sein könnten.

Ein Schadensersatzanspruch des Grundstückeigentümers gegen die beklagte Mieterin ist deshalb nicht gegeben, weil der Beklagten keine Verkehrssicherungspflicht neben dem Grundstückeigentümer oblag. Eine solche Verkehrssicherungspflicht könnte sich für die Beklagte nur aus der Beherrschung eines bestimmten Sachbereichs (Zustandsverantwortlichkeit) oder aus der Eröffnung eines Verkehrsbereichs ergeben.

Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Die Zustandsverantwortlichkeit trifft bei Grundstücken grundsätzlich den Eigentümer. Dieser bleibt Eigenbesitzer und ihm obliegt grundsätzlich alleine die Verkehrssicherungspflicht, wie sich auch aus §§ 836–838 BGS ergibt, die einen allgemeinen Rechtsgedanken enthalten. Ausnahmen hiervon macht die Rechtsprechung zwar zum Beispiel dann, wenn ein bebautes Grundstück insgesamt an einen Mieter vermietet ist; dann soll ausnahmsweise der Mieter (meist neben dem Eigentümer) verkehrssicherungspflichtig sein, aber nur für die Bereiche, die er voll beherrscht (vgl. OLG Celle, VersR 1955, 286: OLG Karlsruhe, VersR 1957, 539; BGH VersR 1965, 165: WarnRspr. 64 Nr. 38). Es mag sein, daß der Mieter dann auf Grund verletzter Verkehrssicherungspflicht in Anspruch genommen werden kann, wenn er Räumlichkeiten alleine und gesondert innehat und wenn ein Teilnehmer des durch seinen Gewerbebetrieb bedingten Verkehrs geschädigt wird. So hat das OLG Köln (WarnRspr. a.a.O.) die Verkehrssicherungspflicht eines Arztes bejaht, der ein Haus gemietet hatte, in dessen Innern der Zustand einer Treppe, zu seiner Arztpraxis führte, zu beanstanden war.

Der vorliegende Fall ist mit solchen Sonderfällen nicht vergleichbar. Zwar liegt hinter der dreistufigen Treppe, auf der die Zeugin N. verunglückt ist, nur der Zugang zum Ladenlokal der Beklagten: das Hausgrundstück weist aber insoweit eine Besonderheit auf, als es an einer Straßenecke gelegen ist und von beiden Straßen je eine dreistufige Treppe auf ein Podest führt, hinter dem die Tür zum Ladenlokal liegt. Vor dieser Tür befindet sich eine Fläche von rd. 4 qm, die nicht an die Beklagte vermietet ist und die dem Fußgängerverkehr frei zugänglich ist. Daraus folgt nicht nur, daß die Besucher des Ladens diese Fläche über eine der Treppen betreten müssen, sondern auch, daß jeder beliebige Fußgänger die Treppen und die Fläche betreten kann, sei es, um den Weg um die Ecke „abzukürzen”, sei es, um sich bei Regen unterzustellen. Damit sind Treppen und Fläche nicht der Beklagten alleine überlassen, so daß die Zustandsverantwortlichkeit nicht vom Grundstückeigentümer auf die Beklagte als Mieterin übergegangen ist. Die Klägerin geht auch selbst davon aus, daß auf dieser Fläche „allgemeiner” Verkehr stattfindet, denn mit der Berufungsbegründung führt sie – zu unrecht – aus, d...

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