Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 30.05.2012; Aktenzeichen 28 O 1065/11)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 10.03.2016; Aktenzeichen 1 BvR 2844/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln vom 30.5.2012 (28 O 1065/11 I) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Urteilstenor zu Ziff. I. klarstellend wie folgt lautet:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000 und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu unterlassen,

in Bezug auf den Kläger außerhalb von gerichtlichen Verfahren oder Ermittlungsverfahren zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:

a) "Wer mich und ihn kennt, zweifelt keine Sekunde daran, dass ich mir diesen Wahnsinn nicht ausgedacht habe."

und/oder

"Diese Herren erklären vor Gericht, die Tat könne sich nicht so abgespielt haben, wie es die Nebenklägerin, also ich, behauptet - und man selbst sitzt zu Hause, liest das und weiß genau: ES WAR ABER SO!"

und/oder

"In seinen Augen hat er in der besagten Nacht ja nichts falsch gemacht. Er hat nur die Machtverhältnisse wieder so hergestellt, wie sie seiner Meinung nach richtig sind."

und/oder

"Ich habe eigentlich drei Traumata zu verarbeiten. Einmal die Tat.";

b) "Als er im Februar nachts meine Wohnung verließ, war das Letzte, was ich je von ihm gehört habe: "Wenn du was erzählst, bringe ich dich um." Diese Drohung hat er bis heute nicht zurückgenommen."

jeweils, wenn dies geschieht wie in der Zeitschrift "C", Ausgabe Nr. 25 vom 16.6.2011 im Artikel unter der Überschrift "DIE FRAU, die L vor Gericht gebracht hat - hier SPRICHT sie ZUM ERSTEN MAL".

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger und die Beklagte streiten über die äußerungsrechtliche Zulässigkeit der Veröffentlichung verschiedener Textpassagen im Rahmen einer Wortberichterstattung.

1. Der Kläger ist Moderator, Journalist und Unternehmer. Er produzierte und moderierte u.a. die Sendung "E".

Gegen den Kläger wurde aufgrund einer Strafanzeige der Beklagten, mit der er bis zur Trennung im Februar 2010 über 11 Jahre eine Beziehung unterhielt, vor dem LG Mannheim ein Strafverfahren wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung geführt, das nach insgesamt 43 Verhandlungstagen am 31.5.2011 mit einem Freispruch endete. Das Urteil ist seit dem 7.10.2011 rechtskräftig.

Etwa zwei Wochen nach dem freisprechenden Urteil des LG Mannheim gewährte die Beklagte der Zeitschrift "C" ein Interview, das im Heft Nr. 25/2011 am 16.6.2011 auf S. 76 ff. unter der Überschrift "DIE FRAU, die L vor Gericht gebracht hat - hier SPRICHT sie ZUM ERSTEN MAL" als Teil einer Heftstrecke von insgesamt 12 Magazinseiten veröffentlicht wurde. Die Kolumne der Chefredakteurin (S. 7) kündigte das Interview, das zugleich als Titelaufmacher diente, u.a. wie folgt an: "Manchmal fühlte sich E2, als säße sie selbst auf der Anklagebank. Dazu kam die Hetzkampagne, die anonyme Verfolger gegen sie im Internet inszenierten. (...) Nach seinem Freispruch gab L der "A2" ein ausführliches Interview. Auch E2 bricht jetzt erstmals ihr Schweigen."

Zu Beginn der Heftstrecke heißt es in einem einleitenden Kurztext u.a.: "Auch C kennt die Wahrheit in diesem Drama nicht. Aber die Redaktion teilt die Meinung des Gerichts aus der Urteilsbegründung, dass auch die Sichtweise von E2 gehört werden muss. Zumal L vergangene Woche erneut ein ausführliches Interview gab und seine Anwälte in zahlreichen Talkshows aufgetreten sind."

Die anschließende Heftstrecke gliedert sich in einen mehrseitigen redaktionellen Beitrag, das Interview mit der Beklagten, eine von ihr verfasste Erklärung, ein Interview mit ihrem Rechtsanwalt sowie in Auszüge aus der mündlichen Urteilsbegründung des LG Mannheim. Bebildert ist die Heftstrecke u.a. mit mehreren nicht unkenntlich gemachten, z.T. ganzseitigen Fotografien der Beklagten. So sieht man auf Seite 79 des Hefts ein großformatiges Porträtfoto mit der Bildbeschreibung: "Sie ging durch die Hölle - E2 versucht, wieder nach vorn zu blicken". Auf Seite 83 des Heftes sieht man auf einem ganzseitigen Bild die Beklagte in einem Park spazieren, es findet sich der Bildtext: "Auf den ersten Blick sieht man E2 nicht an, wie sehr sie in den vergangenen Monaten gelitten hat. C traf eine attraktive Frau, die aber im Gespräch immer wieder von ihren traumatischen Erlebnissen eingeholt wurde.". Auf Seite 86 findet sich ein Bild der Beklagten, welches als Bildunterschrift das Zitat trägt: "Sie werden alles tun, bis sie mich VERNICHTET haben" sowie oben rechts den Text: "Furchtlos - E2 weiß, dass L und seine Anwälte sie weiter unter Druck setzen werden".

Der einleitende redaktionelle Beitrag zeichnet die Geschehnisse seit Februar 2010 unter besonde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge