Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Beweisanforderungen für das Vorliegen eines im Sinne von § 315d Abs. 1 Ziff. 2 tatbestandsmäßigen Kraftfahrzeugrennens

2. Es verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB), wenn dem Täter eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens ohne die Benennung weiterer tatprägender Umstände die von ihm erzielte Geschwindigkeit strafschärfend entgegenfehalten wird.

3. Die lediglich vorbehaltene Einziehung (§ 74f Abs. 1 StGB) stellt nicht ohne weiteres einen der Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 StGB gleich zu achtenden bestimmenden Strafmilderungsgrund dar.

4. Zu den Begründungsanforderungen bei der Widerlegung der Regelvermutung des § 69a Abs. 1 Ziff. 1a StGB.

5. Zum Zusammenhang von Einziehung und Haupt- und Nebenstrafe.

 

Normenkette

StGB § 315d Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Entscheidung vom 26.03.2019)

 

Tenor

Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittel - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

 

Gründe

A.

Das Amtsgericht Aachen hat den Angeklagten am 26. März 2019 wegen verbotenen Kraftfahrzeugerennens zu der Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50,-- € verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen und seinen Führerschein eingezogen. Es hat die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von noch neun Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen und schließlich den Pkw A mit dem amtlichen Kennzeichen xx-x 00 und näher bezeichneter Fahrzeugidentifikationsnummer eingezogen.

Gegen dieses Urteil haben die Staatsanwaltschaft Berufung und der Angeklagte ein unbenanntes Rechtsmittel eingelegt. Das Landgericht Aachen hat - unter Verwerfung der jeweiligen weitergehenden Rechtsmittel - auf die Geldstrafe von 100 Tagessätzen erkannt, ein sechsmonatiges Fahrverbot ausgesprochen und die Einziehung des benannten Pkw vorbehalten.

Das Landgericht hat - auf der Grundlage der Angaben der verfolgenden Polizeibeamten - zum Tatgeschehen die nachfolgenden Feststellungen getroffen:

"In der Nacht des 30.06.2018 befuhr der Angeklagte gegen 01:15 Uhr in seinem Pkw A Sportback mit dem amtlichen Kennzeichen xx-x 00 und der FIN B in C die D, um an der Lichtzeichenanlage auf der rechten Linksabbiegerspur auf den E stadtauswärts zu fahren. Neben dem Pkw des Angeklagten befand sich auf der linken Linksabbiegerspur ein silberner Pkw ähnlicher Größe wie der Pkw des Angeklagten.

Nach dem Abbiegevorgang auf den zu dieser Zeit nahezu leeren E fuhren der Angeklagte und der Fahrer des silbernen Pkw zunächst mit angepasster Geschwindigkeit bis Höhe des F, wo sie dann beide aufgrund konkludenter Absprache zwischen einander ihre Fahrzeuge erheblich beschleunigten, um so auszumessen, wessen Fahrzeug besser beschleunigt.

Der hinter den beiden Fahrzeugen fahrende Streifenwagen der Marke G mit circa 140 PS, in dem die Zeugen PHK H, PK I und KA J saßen, fuhr dem Pkw des Angeklagten und dem silbernen Pkw auf dem ansteigend geradeaus verlaufenden E jedenfalls bis zur Höhe des Justizzentrums mit der Hausnummer 92 mit einigem Abstand annähernd gleichbleibend hinterher, wobei der Tachometer des Streifenwagens eine Geschwindigkeit von mindestens 130 km/h anzeigte und sich der Abstand zwischen dem Pkw des Angeklagten und dem silbernen Pkw, die weiter beschleunigten, zu dem von dem Zeugen PHK H als Fahrer geführten Streifenwagen aufgrund dessen technischen Beschaffenheit jedenfalls ab Höhe des Es 92 vergrößerte.

In der dem Straßenverlauf folgenden Rechtskurve auf Höhe der K bremste der Angeklagte seinen Pkw ab und fuhr langsamer weiter. Kurz nach der Rechtskurve fuhren die die Polizeibeamten an dem auf dem rechten Fahrstreifen stehenden silbernen Pkw auf Höhe des Hauses E 146 vorbei und hielten anschließend den Pkw des Angeklagten auf Höhe des Hauses E 210 an. Der Angeklagte zeigte sich im Rahmen der polizeilichen Kontrolle kooperativ und setzte einige Minuten später seine Fahrt fort.

Der Angeklagte nahm bei der von ihm zurückgelegten Strecke von dem F bis zur Höhe der K von rund 700 Meter jedenfalls billigend in Kauf, dass er zum einen die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h deutlich überschritt, um zum anderen auf diese Weise ein auf sein Pkw bezogenes Kräftemessen mit dem Fahrer des silbernen Pkw vorzunehmen. Eine Erlaubnis für ein Kraftfahrzeugrennen hatte der Angeklagte, wie ihm bewusst war, nicht."

Gegen dieses Urteil richten sich die mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision des Angeklagten sowie die auf die Rechtsfolgeentscheidung beschränkte, gleichfalls mit der - indes ausgeführten - Sachrüge begründete Revision der Staatsanwaltschaft. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,

die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen; dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaf...

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