Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 18.12.2000; Aktenzeichen 24 O 27/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Dezember 2000 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 27/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat wegen des Unfalls vom 18. März 1998 aus der Vollkaskoversicherung keinen Anspruch gegen die Beklagte, §§ 1, 49 VVG, denn diese beruft sich mit Recht auf Leistungsfreiheit nach § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls.

Die Klägerin bestreitet nicht mehr, daß der Lastwagen, mit dem sie kollidierte, vor der Haltelinie der F-Straße bei Rotlicht gewartet hatte und bei Grünlicht losgefahren war, bevor es zum Zusammenstoß kam. Bei dieser Sachlage ist ohne weiteres davon auszugehen, daß die Klägerin in den Kreuzungsbereich O-Straße einfuhr, obwohl die für sie maßgebliche Ampel Rotlicht zeigte, denn nach der insoweit unbestritten gebliebenen Darstellung der Beklagten ist eine Fehlschaltung der Ampel, die dazu führen könnte, daß die Ampelanlage sowohl für die Klägerin als auch für den Querverkehr Grün zeigte, ausgeschlossen (so schon GA 126/127 und jetzt erneut GA 190). Bei "feindlichem Grün" schaltet die Ampel automatisch binnen 0,3 Sekunden auf gelbes Blinklicht. Die Klägerin hat dies nicht bestritten und nichts dafür vorgetragen, daß es zu einem solchen Blinklicht in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall gekommen sein könnte. Dementsprechend erübrigt sich die Einholung eines Gutachtens oder die Einholung einer Auskunft. Es muß vielmehr mit dem Landgericht (und dem Amtsgericht Darmstadt, das gegen die Klägerin einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung erlassen hat, der durch Rücknahme des Einspruchs rechtskräftig wurde) davon ausgegangen werden, daß die Ampelanlage, wenn sie für den Lastwagen den Verkehr freigab, gleichzeitig für die Klägerin Rotlicht anzeigte. Die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen können vor diesem Hintergrund, wie im angefochtenen Urteil im Ergebnis zutreffend ausgeführt wurde, für die Entscheidung des Rechtsstreits keine weitere Bedeutung haben.

Der Rotlichtverstoß beruht auf grober Fahrlässigkeit. Die Klägerin hat, als sie trotz des Rotlichts durchfuhr, die verkehrserforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer acht gelassen und das Nächstliegende, das jedem in der gegebenen Situation einleuchtet, nicht beachtet, so daß die objektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit (BGH r+s 1989, 62 = VersR 1989, 141) gegeben sind. Darüber hinaus liegt aber auch auf der subjektiven Seite ein unentschuldbares Fehlverhalten vor, nämlich ein gegenüber der einfachen Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden. Die Klägerin mag in der Überzeugung, Grün zu haben, in die Kreuzung eingefahren sein. Allerdings muß dies hier auf ein grob fahrlässiges Verhalten zurückgeführt werden. Es ist allgemein anerkannt, daß ein objektiv grob fahrlässiges Verhalten die grobe Fahrlässigkeit auch in subjektiver Hinsicht indiziert. Allenfalls dann, wenn besondere subjektive Umstände vorliegen, kann der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trotz eines schwerwiegenden Sorgfaltsverstoßes, der objektiv als grober Pflichtverstoß zu qualifizieren ist, ausgeschlossen sein (BGH r+s 1992, 292 = VersR 1992, 1085 = NJW 1992, 2418). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Die Klägerin fuhr im innerstädtischen Bereich, in dem eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h galt (vgl. GA 77, auch aus der Strafakte ergibt sich, daß keine Schilder die Geschwindigkeit regelten), nach eigenen Angaben (GA 119) mit 60 bis 70 km/h. Wenn ihr - etwa weil sie den Blick schon auf die folgende Ampel gerichtet hatte - entging, daß die für sie zunächst maßgebliche Ampel auf Rot umgesprungen war, muß dies angesichts der aktenkundigen übersichtlichen Straßenverhältnisse als grob fahrlässig gewertet werden. Ob die Klägerin im übrigen zu besonderer Vorsicht Anlaß hatte, weil sie - wofür der Inhalt der Strafakte spricht - erst seit rund zwei Monaten (seit dem 17.1.1998, Beiakte Bl. 37) Führerscheininhaberin war, kann dahinstehen. Es liegt kein Sachverhalt vor, der Anlaß gibt, grundsätzlich zu einer jüngeren Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. Stellung zu nehmen, in der man von den oben dargestellten Grundsätzen abrückt und höhere Anforderungen an die subjektive Unentschuldbarkeit stellt (vgl. OLG Frankfurt a. M. VersR 2001, 1276 = NVersZ 2001, 417; so wie hier OLG Koblenz NVersZ 2001, 419). Wenn der am Unfall beteiligte Lkw-Fahrer an derselben Kreuzung später ähnlich gefährliche Situationen erlebt hat, entlastet dies die Klägerin nicht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer der Klägerin: 18.332,70 DM

 

Fundstellen

Haufe-Index 3030448

NVersZ 2002, 225

NVersZ 2002, 225-226

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