Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung. Erfüllungseinwand. Vollstreckungsgegenklage

 

Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren nach § 887 ZPO kann der Schuldner mit dem Einwand der Erfüllung nicht gehört werden, wenn nicht einer der in § 775 Nr. 4 und 5 ZPO besonders geregelten Fälle vorliegt. Er muß vielmehr Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO erheben.

 

Normenkette

ZPO §§ 767, 775, 887

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 16.07.1992; Aktenzeichen 17 O 207/88)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16. Juli 1992 – 17 O 207/88 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nach § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Gegenüber dem Beschluß des Landgerichts nach § 887 Abs. 1 ZPO, der die Gläubiger ermächtigt hat, auf Kosten des Schuldners die von ihm geschuldete Statik für ihr Haus anfertigen zu lassen, kann der Schuldner im Beschwerdeverfahren nicht mit Erfolg einwenden, jedenfalls mit der Stellungnahme des Statikers B. vom 17. Juli 1992, die nach Erlaß des landgerichtlichen Beschlusses vorgelegt worden ist, habe er seine Verpflichtung gegenüber den Gläubigern erfüllt. Zwar ist der Schuldner grundsätzlich auch nach Erlaß des Ermächtigungsbeschlusses noch zur Erfüllung befugt (vgl. RGZ 104, 16 f.; OLG Frankfurt NJW 1989, 59), solange nicht aufgrund seines Verhaltens das Vertrauen des Gläubigers auf eine ordnungsmäßige und zuverlässige Mängelbehebung nachhaltig erschüttert ist. Im Verfahren nach § 887 ZPO kann der Schuldner aber mit dem Einwand der Erfüllung nicht gehört werden. Der Wortlaut des § 887 ZPO ist nicht als – vom Vollstreckungsorgan zu prüfende – Voraussetzung der Zwangsvollstreckung, sondern nur als Beschreibung des Anwendungsbereiches der Vorschrift zu werten. Andernfalls käme dem Gläubiger trotz seines Titels die Darlegungs- und Beweislast für die Nichterfüllung zu, wodurch er letzlich im Vollstreckungsverfahren schlechter als im Erkenntnisverfahren stünde, in dem grundsätzlich der Schuldner die Erfüllung beweisen muß (vgl. dazu OLG München, NJW-RR 1988, 22 f.). Der Einwand der Erfüllung ist deshalb als materiell-rechtlicher Einwand nicht im Verfahren nach § 887 ZPO und dem darauf folgenden Beschwerdeverfahren zu erheben, vielmehr ist der Schuldner auf die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zu verweisen (so auch: OLG Köln, OLGR 1991, 67, 68; NJW-RR 1989, 188; NJW-RR 1988, 1212; Rechtspfleger 1986, 309; OLG Düsseldorf, OLGZ 1976, 377; OLG Hamm, NJW-RR 1988, 1089; u.a.; Thomas/Putzo, ZPO, 17. Auflage, § 887 Anm. 2 c, 4 c; Wieczorek, ZPO, 2. Auflage, § 887 D I d, D II a; anderer Ansicht OLG Frankfurt, MDR 1984, 239; OLG Stuttgart, NJW-RR 1986, 1501; OLG Zweibrücken, MDR 1986, 1034; u.a.; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20. Auflage, § 887 Rdn. 25; Zöller/Stober, ZPO, 17. Auflage, § 887 Rdn. 7).

Es entspricht der Systematik der ZPO, daß der Schuldner im Interesse einer zügigen Durchführung des Vollstreckungsverfahrens nach Abschluß des Erkenntnisverfahrens grundsätzlich mit materiellen Einwendungen ausgeschlossen ist. Er wird vielmehr darauf verwiesen, seine Einwände in einem besonders geregelten Erkenntnisverfahren geltend zu machen (§ 767 ZPO), das durch die Präklusionsvorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO einem Rechtsmißbrauch vorbeugt. Nur für den Fall der offenkundigen Erfüllung der titulierten Forderung bildet § 775 Nr. 4 und 5 ZPO eine Ausnahme. In diesen Fällen wird dem Vollstreckungsorgan zugemutet, sich anhand bestimmter, vom Schuldner vorgelegter Urkunden von der Erfüllung zu überzeugen. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben. Der Schuldner kann keine den Anforderungen des § 775 ZPO entsprechenden Urkunden vorlegen, darüber hinaus bestreiten die Gläubiger die ordnungsmäßige Erfüllung. Für diesen Fall kann die Prüfung, ob Erfüllung eingetreten ist, nicht dem – grundsätzlich auf die Prüfung formeller Erfordernisse beschränkten – Vollstreckungsorgane auferlegt werden, auch nicht, wenn hier das Prozeßgericht im Rahmen der Zwangsvollstreckung tätig wird. Dem kann auch nicht die Prozeßökonomie entgegengehalten werden. Denn auch im Verfahren nach § 887 ZPO könnte nicht entschieden werden, ohne über die ordnungsmäßige Erfüllung des Schuldners Beweis zu erheben, sei es durch das Beschwerdegericht, sei es nach Zurückverweisung durch das Landgericht.

Darüber hinaus würde eine Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Rahmen des Verfahrens nach § 887 ZPO dem Schuldner die Möglichkeit eröffnen, die Vollstreckung beliebig hinauszuzögern, indem er wiederholt Erfüllung behauptet und das Gericht dadurch verpflichtete, seinem Vorbringen jedesmal nachzugehen. Dies wiedersrpäche dem schützenswerten Interesse des Gläubigers auf Durchsetzung seines titulierten Anspruches in der Zwangsvollstreckung. Dieses Recht kann nicht allein deshalb beeinträchtigt werden, weil im Fall des § 887 ZPO mit dem Prozeßgericht ein Organ der Rechtspflege zur Verfügung steht, das von seiner Zusammensetzung und seinem Verfahren her im Geg...

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