Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhaltene Unterhaltsleistungen als Einkommen des Pflichtigen. Kindesunterhalt: Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an den Unterhaltsschuldner bei der Ermittlung seiner Leistungsfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Auch Unterhaltsleistungen, die der Unterhaltspflichtige erhält, sind seinem Einkommen zuzurechnen und können bei der Ermittlung seiner Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden (vgl. hierzu BGH FamRZ 1986, 153). Dies setzt aber voraus, dass der zur Zahlung von Kindesunterhalt Verpflichtete über eigenes Erwerbseinkommen verfügt und jedenfalls mit den zusätzlichen Unterhaltsleistungen seinen Mindestbedarf - soweit es um den Barunterhalt minderjähriger Kinder geht - decken kann; also ein überschießender Anteil des Erwerbseinkommens für den Kindesunterhalt noch zur Verfügung steht.

 

Normenkette

BGB § 1603

 

Verfahrensgang

AG Eschweiler (Beschluss vom 24.06.2009; Aktenzeichen 12 F 113/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Eschweiler vom 24.6.2009 - 12 F 113/09 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige - insbesondere fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Familiengericht dem Kläger für die beabsichtigte Kindesunterhaltsklage die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels der gem. § 114 ZPO zu fordernden hinreichenden Erfolgsaussicht insoweit verweigert, als ein höherer Unterhaltsbetrag als 250 EUR insgesamt monatlich verlangt wird.

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, auch wenn das Verfahren deswegen unter einem schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet, weil das Familiengericht nicht zu erkennen gegeben hat, dass es sich mit dem Beschwerdevorbringen des Klägers auseinandergesetzt hat. Die formelhafte Begründung, die Einwände gegen den angefochtenen Beschluss erschienen nicht durchgreifend, so dass nicht abzuhelfen sei, sondern die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorzulegen sei, ist nichtsagend und lässt nicht erkennen, dass das Familiengericht sich mit dem Beschwerdevorbringen auseinandergesetzt hat. Dies stellt einen schwerwiegenden Verfahrensfehler (Verletzung rechtlichen Gehörs) dar, der es nach ganz überwiegender Ansicht in der Rechtsprechung rechtfertigt, die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung im Nichtabhilfeverfahren an das Familiengericht zurückzuverweisen. Von einer solchen Zurückverweisung kann aber ausnahmsweise dann abgesehen werden, wenn auch nach sorgfältiger Prüfung des Beschwerdevorbringens es bei der erstinstanzlichen Entscheidung verbleiben kann und eine Zurückverweisung der Sache auch unter sonstigen Gesichtspunkten nicht sachdienlich erscheint.

So liegt der Sachverhalt hier, da die Sache entscheidungsreif ist, ohne dass es weiterer Aufklärung bedarf. Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass grundsätzlich auch Unterhaltsleistungen, die der Unterhaltspflichtige erhält, zu seinem Einkommen zu zählen sind und bei der Ermittlung seiner Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden können (vgl. hierzu BGH FamRZ 1986, 153). Dies setzt aber voraus, dass der zur Zahlung von Kindesunterhalt Verpflichtete - hier die Beklagte - über eigenes Erwerbseinkommen verfügt und jedenfalls mit den zusätzlichen Unterhaltsleistungen den Mindestbedarf - soweit es um den Barunterhalt minderjähriger Kinder geht - decken kann. Hiervon ist indes nicht auszugehen. Zum Einen ist die Beklagte nicht erwerbstätig. Vielmehr wird ihr fiktives Erwerbseinkommen zugerechnet. Zum Anderen besteht für die Beklagte kein endgültig gesicherter titulierter Unterhaltsanspruch. Vielmehr ist der Kläger, der die Ansprüche der minderjährigen Kinder der Parteien in gesetzlicher Prozessstandschaft einklagt, lediglich aufgrund einer einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, Trennungsunterhalt zu zahlen. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte derzeit in einem größeren Umfang als vom Familiengericht angenommen leistungsfähig ist.

Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang die Beklagte leistungsfähig und zur Zahlung von Barunterhalt heranzuziehen, ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger als betreuender Elternteil gem. § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BGB trotz seiner Betreuungstätigkeit deswegen (mit) barunterhaltspflichtig sein kann, weil er über erheblich höheres Einkommen als die Beklagte verfügt.

Im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.

Die Beschwerdegebühr beträgt 50 EUR.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2236266

FamRZ 2010, 130

FamFR 2009, 117

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