Tenor

  • I.

    Die Revision wird als unbegründet verworfen.

  • II.

    Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

  • III.

    Der Angeklagte hat die Kosten beider Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Durch das angefochtene Urteil ist der Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15,00 EUR verurteilt werden; zudem ist ihm unter Anrechnung der Zeit der Beschlagnahme des Führerscheins - für die Dauer von drei Monaten verboten worden, Kraftfahrzeuge aller Art im Straßenverkehr zu führen. Eine weitere Entschädigung nach dem StrEG hat das Amtsgericht ihm versagt.

Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte im Rahmen einer gezielten stationären "Gurtkontrolle" am 15. August 2007 um 18:30 Uhr mit seinem Fahrzeug angehalten worden. Nachdem den Polizeibeamten Alkoholgeruch in seiner Atemluft aufgefallen war, wurde ein Atemalkoholtest durchgeführt, der einen Wert von 0,73 mg/l ergab. Daraufhin wurde ihm - nach einer Rücksprache mit dem Eilstaatsanwalt, die aber lediglich die Frage einer Sicherheitsleistung zum Gegenstand hatte - um 19.04 Uhr ohne richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung eine Blutprobe entnommen, die zu einem Mittelwert von 1,72% führte.

Mit seiner (Sprung-)Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er beanstandet im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge, dass die ohne richterliche Anordnung entnommene Blutprobe zu seinen Lasten verwertet worden ist. Neben dar Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt er des Weiteren, ihm für die Zeit der Beschlagnahme des Führerscheins und der Entziehung der Fahrerlaubnis eine - vom Amtsgericht abgelehnte - Entschädigung zu gewähren.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Sprungrevision des Angeklagten bleibt in der Sache selbst ohne Erfolg.

Bei Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der allgemeinen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Aber auch die zulässig erhabene Verfahrensrüge gefährdet dessen Bestand nicht.

Insoweit beanstandet die Revision, dass der Tatrichter das Ergebnis der Blutprobenanalyse zu seinen Lasten verwertet und seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat, obwohl insoweit ein Verwertungsverbot bestehe, weil die Blutentnahme ohne die nach § 81a Abs. 2 StPO erforderliche richterliche Anordnung vorgenommen worden war. Die Rüge vermag im Ergebnis nicht durchzudringen.

Der Senat lässt offen, ob - wie es der überwiegenden (veröffentlichten) Rechtsprechung der Instanzgerichte entspricht - bei dem Verdacht der Trunkenheitsfahrt die Einholung einer richterlichen Anordnung wegen der Gefährdung, des Untersuchungserfolges schon im Hinblick darauf regelmäßig entbehrlich ist, weil wegen des Abbaus des Blutalkoholgehalts jede zeitliche Verzögerung bei der Blutentnahme zu größeren Ungenauigkeiten oder gar einer Unmöglichkeit der Rückrechnung und daher zu größeren Ungenauigkeiten bei der Feststellung der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit führt (so u.a. LG Hamburg, B. v. 12.11 2007 - 603 Qs 470/07 = NZV 2008, 213 = Blutalkohol 45 [2008], 77; LG Braunschweig, B. v. 04.01.2008 - 9 Qs 381107 = NdsRpfl 2008, 84; LG Nürnbergrg-Fürth, B. v. 24.06.2008 - 5 Qs 93108 W bei [...]; AG Tiergarten, Urt. v. 05.06.2008 - 3032 PLs 9355107 = Blutalkohol 45 [2008], 322; a.A. LG Berlin, B. v. 23.04.2008 - 528 Qs 421/08 = DAR 2008, 534 = Blutalkohol 45 [2008], 266; offen gelassen von LG Heidelberg, B. v. 11.08.2008 - 2 Qs 39108 - = Blutalkohol 45 [2008], 321).

Es bestehen bereits Bedenken, ob diese Sichtweise mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Einklang zu bringen ist, wonach die Ermittlungsbehörden regelmäßig versuchen müssen, die Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen; bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen (BVerfG, B. v. 12.02.2007 - 2 BvR 273/06 - = NJW 2007, 1345 = Blutalkohol 45 [2008], 71 = NZV 2007, 581; Rz. 17 mit weit. Nachw.). Bedenken gegen die zitierte Rechtsprechung bestehen aber auch, weil es fraglich erscheint, ob eine Gefährdung des Ermittlungserfolgs (als Voraussetzung für die Eilanordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und - subsidiär - ihrer Hilfsbeamten) allein aufgrund des angesprochenen Gesichtspunkts generell oder doch nur unter weiterer Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles beantwortet werden kann. Hier dürften nicht zuletzt die Tageszeit und damit die Erreichbarkeit eines Richters sowie der Grad der Alkoholisierung und seine Nähe zu rechtlich relevanten Grenzwerten von Bedeutung sein. Gerade bei höhergradiger Alkoholisierung, die durch alkoholtypische körperliche Ausfallerscheinungen oder durch den Atemalkoholgehaltwert ersichtlich sind, sollten kurzfristige Verzögerungen, bedingt durch die Einschaltung ,des Gerichts, durch Rückrechnung problemlos ausgeglichen werden können, auch wenn dabei im Hinblick auf den Zweifelsgrundsatz regelmäßig ein zu hoher bzw. zu niedriger Abbauwert zugrunde zu legen ist. Anders mag es hingegen bei geringen Alkoholisierungsgraden sein, bei denen ...

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