Normenkette

StGB § 40 Abs. 2, § 42; EStG § 8 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Köln

 

Tenor

Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die Angeklagte wegen "gemeinschaftlichen Diebstahls" zu einer Geldstrafe von 20 Tagesätzen zu je 5,00 EUR verurteilt. Hiergegen richtet sich ihre mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision.

II.

Das in formeller Hinsicht unbedenkliche Rechtsmittel hat insoweit einen (zumindest vorläufigen) Teilerfolg, als es zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im Rechtsfolgenausspruch und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht führt.

1.

Zum Schuldspruch hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils anhand der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten aufgedeckt. In Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft war die Revision daher insoweit als unbegründet zu verwerfen ( § 349 Abs. 2 StPO).

2.

Das Urteil hält indessen im Rechtsfolgenausspruch materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand; es ist im Hinblick auf die - für die Strafzumessung bedeutsamen - Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten materiell-rechtlich unvollständig.

Das Amtsgericht stellt fest:

"Die 24-jährige Angeklagte ist ledig und lebt in Deutschland unter dem Status der Duldung. Sie erhält im wesentlichen Gutscheine."

Wesentliche Anknüpfungstatsachen für die Strafzumessung sind das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (BGH StV 1998, 636; BGH NStZ 2003, 133 [D]; SenE v. 10.12.1999 - Ss 523/99 -; SenE v. 19.12.2000 - Ss 488/00 -). Vollständige Feststellungen zum Lebensweg sowie zu den familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen sind Voraussetzung der für den Rechtsfolgenausspruch unerlässlichen Würdigung der Persönlichkeit eines Angeklagten (BGH NStZ 1981, 389; BGH NStZ 1985, 309; SenE v. 27.03.1992 - Ss 337-338/92 -). Es bedeutet daher grundsätzlich einen Sachmangel, wenn der Tatrichter bei der Strafzumessung die persönlichen Verhältnisse des Täters überhaupt nicht oder nur unzureichend berücksichtigt (BGH NStZ 1991, 231 ; BGH NStZ 1993, 30; st. Senatsrechtsprechung, vgl. etwa SenE v. 08.03.1994 - Ss 57-58/94 -; SenE v. 29.11.1996 - Ss 608/96 -; SenE v. 19.06.2007 - 81 Ss 89/07 -; SenE v. 10.08.2007 - 81 Ss 107-108/07 -; SenE v. 10.08.2007 - 83 Ss 96/07 -). Denn eine an den anerkannten Strafzwecken ausgerichtete Strafzumessung ist in aller Regel ohne Würdigung der persönlichen Verhältnisse des Täters nicht möglich. Sie muss auf einer wertenden Gesamtschau des Tatgeschehens sowie des Täters und somit der für seine Persönlichkeit, sein Vorleben (Lebensweg und familiäre sowie wirtschaftliche Verhältnisse) und sein Nachtatverhalten aussagekräftigen Umstände beruhen (BGH NStZ-RR 2007, 236 = NJW 2007, 3219; BGH NStZ 1995, 200; BGH NStZ 1991, 231; BGH NStZ 1993, 30; SenE v. 14.03.2000 - Ss 90/00 -; SenE v. 20.06.2000 - Ss 257/00 -; SenE v. 19.12.2000 - Ss 488/00 -).

Entsprechende Feststellungen lässt das angefochtene Urteil vermissen.

Bei der Verhängung einer Geldstrafe sind darüber hinaus konkrete Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu treffen (vgl. BGH bei Detter NStZ 2000, 188). Auch bei Sozialhilfeempfängern und diesen vergleichbaren Personen sind für die Bemessung der Tagessatzhöhe und für die Entscheidung über etwaige Zahlungserleichterungen ( § 42 StGB) konkrete Feststellungen zu den monatlichen Einkünften zu treffen (OLG Düsseldorf NStZ-RR 2001, 109 [110]).

Auch hieran fehlt es in dem angefochtenen Urteil, weil die Feststellung, die Angeklagte erhalte "im wesentlichen" Gutscheine die Beantwortung der Frage offen lässt, ob und ggfs. in welchem Umfang die Angeklagte noch über andere Einkünfte verfügt, zumal im Rahmen der Strafzumessung von dem "nur aus Gutscheinen bestehenden Einkommen" der Angeklagten die Rede ist.

3.

Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

a)

Der Wert von Gutscheinen, die auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes zum Bezug von Waren erteilt werden, ist im Rahmen der Bemessung des Tagessatzes gemäß § 40 Abs. 2 StGB in Ansatz zu bringen.

Es gilt der Grundsatz, dass Sachbezüge bei der Ermittlung des für die Höhe des Tagessatzes maßgeblichen Einkommens zu berücksichtigen sind (SenE v. 14.02.2001 - Ss 351/00 -; Fischer, StGB, 56. Auflage 2009, § 40 Rz. 7; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Auflage 2006, § 40 Rz. 9; Höger in: Leipziger Kommentar, StGB, 12. Auflage 2006, § 40 Rz. 45; Horn in: Systematischer Kommentar zum StGB, § 40 Rz. 8; Radtke in: Münchener Kommentar, StGB, § 40 ...

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