Normenkette

ZPO § 24 Abs. 1, §§ 25, 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 3 O 122/15)

 

Tenor

Das LG Stade ist zuständig.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Darlehens, das die Klägerin zum Zwecke der Finanzierung des Erwerbs eines Hausgrundstücks bei der im Bezirk des LG Bonn geschäftsansässigen Beklagten aufgenommen hat und das durch eine Buchgrundschuld gesichert ist. Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Löschungsbewilligung für die zu Gunsten der Beklagten im Grundbuch Altkloster (Landgerichtsbezirk Stade) eingetragenen Grundschuld sowie die Rückzahlung von Darlehensraten. Darüber hinaus beantragt sie die Feststellung, dass infolge des von ihr erklärten Widerrufs ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung die Beklagte aus dem Darlehensvertrag keinen Anspruch auf Darlehensraten (mehr) habe und sie sich hinsichtlich der Rückgewähr der ausgezahlten Darlehensvaluta sowie mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages im Annahmeverzug befinde.

Unter dem 18.8.2015 erteilte die zuständige Einzelrichterin des zunächst angerufenen LG Bonn einen Hinweis, wonach wegen § 24 Abs. 1 ZPO Zweifel an der dortigen Zuständigkeit bestünden und gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. Daraufhin beantragte die Klägerin hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das LG Stade, wohingegen die Beklagte einer Verweisung entgegen trat. Das LG Bonn hat sich mit Beschluss vom 14.9.2015 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Stade verwiesen. Dieses hat sich mit Beschluss vom 29.1.2016 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Bonn zurückverwiesen. Es ist der Ansicht, der Verweisungsbeschluss des LG Bonn entfalte keine Bindungswirkung.

Das LG Bonn hat mit Beschluss vom 10.2.2016 erklärt, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten und den Rechtsstreit dem Oberlandesgericht Köln nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Entscheidung über die Zuständigkeitsfrage vorgelegt. Daneben hat die Klägerin unter dem 15.2.2016 den Antrag gestellt, das LG Bonn als das zuständige Gericht zu bestimmen.

II.1. Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes berufen, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof wäre und das im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln gelegene LG Bonn als erstes Gericht mit dieser Sache befasst worden ist.

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

a) Der Umstand, dass die Vorlage zur Zuständigkeitsbestimmung ohne Antrag der Parteien erfolgt ist, ist trotz des Wortlauts des § 37 Abs. 1 ZPO ("Gesuch") unschädlich. Im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO kann das Gesuch auch als Vorlage von Amts wegen von einem der am Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte ausgehen (vgl. BGH, Beschluss vom 16.5.1985 - IVb ARZ 20/84 -, NJW 1985, 2537; siehe auch H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Band 1, 23. Aufl, § 37 Rn. 2; jeweils m.w.N.). Ohnedies hat nachfolgend auch die Klägerin einen entsprechenden Antrag an das hier zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht gerichtet.

b) Nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Das ist hier der Fall; sowohl das LG Bonn (mit Beschluss vom 14.9.2015) als auch das LG Stade (mit Beschluss vom 29.1.2016) haben sich jeweils für unzuständig erklärt. Beide Unzuständigerklärungen sind auch "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Der Verweisungsbeschluss des LG Bonn ist nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO unanfechtbar. Auch gegen den Beschluss, mit dem sich das LG Stade für unzuständig erklärt hat, ist kein Rechtsmittel statthaft.

3. Zuständig für die Entscheidung über das Klagebegehren ist das LG Stade, da der Verweisungsbeschluss des LG Bonn vom 14.9.2015 gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend ist.

a) Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind nicht nur allgemeine Zuständigkeitsvorschriften, sondern auch die verfahrensrechtlichen Bindungswirkungen (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO) und Zuständigkeitsverfestigungen (§ 261 Abs. 3 ZPO) zu beachten (st. Rspr., vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 36 Rn. 28 m.w.N.; ebenso BayOblG, Beschluss vom 9.5.1990 - 1 ZR 45/90 -, NJW-RR 1991, 187), weshalb regelmäßig das Gericht zu dem zuständigen zu bestimmen ist, an das die Sache durch den ersten - bindenden - Verweisungsbeschluss gelangt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9.6.2015 - X ARZ 115/15 -, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9).

Allerdings kommt nach allgemeiner Ansicht offenbar gesetzeswidrigen und offensichtlich unrichtigen Verweisungsbeschlüssen keine Bindungswirkung zu. Dies sind solche, die schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden können, also nicht etwa nur auf unrichtiger Rechtsanwendung beruhen, sondern jeder gesetzlichen Grundlage entbehren und daher als objektiv wil...

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