Tenor

Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Höhe des Tagessatzes mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Euskirchen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Euskirchen hat den Angeklagten durch das angefochtene Urteil wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu der Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je fünf Euro verurteilt.

Zu den persönlichen Verhältnissen hat es folgende Feststellungen getroffen:

"Der Angeklagte ist in L geboren, er hat den Hauptschulabschluss der Klasse 10A erreicht, jedoch keinen Beruf erlernt. Nach der Schule war er im Sicherheitsdienst tätig und hat dort auch eine Sachkundeprüfung abgelegt (...). Danach gründete er eine Immobilien GmbH in L. Er ist ledig und hat keine Kinder. Zurzeit befindet sich in der Justizvollzugsanstalt L in Strafhaft, Strafende ist voraussichtlich der 18.03.2017."

Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich des weiteren, dass der Angeklagte anlässlich der Tat aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt F abgelöst worden ist.

Die (Wahl-)Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Das Rechtsmittel hat insofern (geringen, vorläufigen) Teilerfolg, als es gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz führt.

1.

Zum Schuldspruch und zur Anzahl der verhängten Tagessätze hat die Überprüfung des Urteils anhand der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt. In Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft war daher das hierauf bezogene Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

2.

Im Ausspruch über die Höhe des einzelnen Tagessatzes kann hingegen das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Urteilsgründe erweisen sich hier vielmehr als materiell-rechtlich unvollständig und belegen daher nicht, dass dieser Entscheidungsteil auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht (§ 337 StPO).

a)

Bei der Verhängung einer Geldstrafe sind konkrete Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere zu den monatlich erzielten Einkünften eines Angeklagten zu treffen (vgl. BGH bei Detter NStZ 2000, 188; SenE v. 24.03.2009 - 83 Ss 13/09 = StV 2009, 592; SenE v. 09.02.2015 - III-1 RVs 101/15 = NStZ-RR 2015, 336). Solche sind auch bei Sozialhilfeempfängern und diesen vergleichbaren Personen für die Bemessung der Tagessatzhöhe und für die Entscheidung über etwaige Zahlungserleichterungen (§ 42 StGB) erforderlich (SenE a.a.O.; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2001, 109 [110]). Hieran fehlt es in dem angefochtenen Urteil.

b)

aa)

Soweit der Tatrichter ausführt, der Angeklagte habe eine Immobilien GmbH gegründet, bleibt offen, ob diese Gesellschaft überhaupt noch werbend tätig ist und - bejahendenfalls - welche Einkünfte der Angeklagte aus ihr erzielt.

bb)

Für die Bemessung der Tagessatzhöhe unzureichend ist aber auch die Angabe, dass der Angeklagte sich in Strafhaft befindet. Bei einem in Haft befindlichen Täter sind vielmehr Feststellungen dazu erforderlich, welches Einkommen er tatsächlich erzielt bzw. als Gefangener erzielen könnte, wenn er während des Vollzugs der Haft einer Tätigkeit in der Justizvollzugsanstalt nachgehen würde. Da der Angeklagte jedenfalls grundsätzlich über den Haftkostenbeitrag (§ 39 StVollzG NW) an den Kosten für Unterkunft und Verpflegung beteiligt wird, haben hingegen etwaige durch den unfreiwilligen Aufenthalt des Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt ersparte Aufwendungen bei der Einkommensbemessung außer Betracht zu bleiben (BayObLG NJW 1986, 2842; OLG Hamm NStZ-RR 2015, 139; OLG Frankfurt StV 2015, 178; Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, StGB, 29. Auflage 2014, § 40 Rz. 11a; zur Berücksichtigung von Sachleistungen in anderen Fällen vgl. SenE v. 24.03.2009 - 83 Ss 13/09 - = StV 2009, 592; SenE v. 08.06.2010 - III-1 RVs 70/10 -).

Die Urteilsgründe geben indessen keinen Aufschluss darüber, ob der Angeklagte in der Justizvollzugsanstalt - insbesondere nach erfolgter Ablösung aus dem offenen Vollzug (zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, § 40 Rz. 6a) - einer entlohnten Tätigkeit nachgeht oder nachgehen könnte und - bejahendenfalls - welches Einkommen er aus dieser erzielt oder erzielen könnte. Damit bleibt offen, ob selbst der geringe Tagessatz von fünf Euro von dem Angeklagten aufgebracht werden kann. Das ist nämlich dann zweifelhaft, wenn der Angeklagte etwa nur im gesetzlichen Umfang von drei Monaten pro Vollstreckungsjahr Hilfstätigkeiten in der Anstalt nach § 29 Abs. 3 StVollzG NW verrichtete oder gar wegen unverschuldeter Bedürftigkeit nur ein Taschengeld erhielte (§ 35 Abs. 1 StVollzG NW; vgl. LK-StGB-Häger, 12. Auflage 2006, § 40 Rz. 43). Die Urteilsgründe belegen auch nicht, dass diesbezügliche...

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