Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 10 O 40/19)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 20.11.2019 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 15.11.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

 

Gründe

Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO in Verb. mit § 11 RPflG zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

I. In dem Rechtstreit hat der Kläger die Beklagte mit Klage vom 29.01.2018 auf Rückabwicklung eines zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages (Lebensversicherung) wegen eines zuvor von ihm erklärten Widerspruchs (§ 5a VVG) in Anspruch genommen. Dabei hat er zur Berechnung seines Rückzahlungsverlangens von 33.805,68 EUR auf ein von ihm - im Laufe des Rechtsstreits - eingeholtes versicherungsmathematisches Gutachten des A vom 17.07.2019 (Anlage K9) Bezug genommen. Für dessen Erstellung hat der Privatsachverständige dem Kläger 1.290,00 EUR inkl. Mehrwertsteuer berechnet. Mit Beschluss vom 03.09.2019 hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn eine vergleichsweise Einigung der Parteien festgestellt. Danach zahlt die Beklagte zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche des Klägers aus und im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag an diesen 33.849,86 EUR und tragen die Kosten des Rechtsstreits der Kläger zu 10% und die Beklagten zu 90%.

Auf Antrag des Klägers vom 17.09.2019 (Bl. 311ff. d. A.) hat der Rechtspfleger der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn mit Beschluss vom 15.11.2019 (Bl. 321ff. d.A.) u.a. die dem Kläger durch die Beauftragung des Privatsachverständigen A entstandenen Kosten (anteilig) gegen die Beklagte festgesetzt. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20.11.2019, bei Gericht eingegangen am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt. Dieser hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 17.03.2020 (Bl. 366f. d.A.) nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Der Rechtspfleger hat die vom Kläger in Ansatz gebrachten Privatsachverständigenkosten zu Recht festgesetzt. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Beklagten geben zu einer abweichenden Bewertung keinen Anlass.

Aufgrund des vom Landgericht Bonn am 03.09.2019 festgestellten Prozessvergleichs kann der Kläger von der Beklagten u.a. Erstattung von 90% seiner außergerichtlichen Kosten beanspruchen. Nach dieser Maßgabe hat er Anspruch auf Erstattung eines Teils der ihm aus der Beauftragung des Privatsachverständigen A entstandenen außergerichtlichen Kosten. Denn zu den von der unterliegenden Partei gemäß § 91 ZPO zu tragenden Kosten des Rechtsstreits zählen insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Hierzu zählen die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens, wenn dieses unmittelbar prozessbezogen ist, die Tätigkeit des Privatsachverständigen also in unmittelbarer Beziehung zum Rechtsstreit steht. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Begutachtung im Hinblick auf den sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit erfolgt ist (BGH, Beschl. v. 12.9.2018 - VII ZB 56/15, JurBüro 2018, 591; Beschl. v. 23.5.2006 - VI ZB 7/05). Dagegen sind die Kosten eines Gutachten, das zunächst der Klärung des materiell-rechtlichen Rechtsverhältnisses dient, etwa der Einstandspflicht einer Versicherung, unabhängig von seiner späteren Verwendung bei der Prozessführung nicht erstattungsfähig (OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2019 - 8 W 17/19, JurBüro 2019, 307).

Nach dieser Maßgabe ist eine Prozessbezogenheit der mit Rechnung vom 17.07.2019 über 1.290,00 EUR abgerechneten Gutachtertätigkeit des Privatsachverständigen A zu bejahen. So erfolgte seine Beauftragung mit Rücksicht auf den laufenden Rechtsstreit und stellt sich schon deswegen als prozessbezogen dar (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 26.2.2013 - VI ZB 59/12, MDR 2013, 559). Durchgreifende Einwendungen hat die Beklagte hierzu nicht vorgebracht.

Die für die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten weiter erforderliche Sachdienlichkeit der Hinzuziehung eines Privatsachverständigen ist ebenfalls zu bejahen. Für die Beurteilung ist darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme - ex ante - als sachdienlich ansehen durfte. Sachdienlich ist die Hinzuziehung insbesondere dann, wenn die Partei ohne die Einholung des Privatgutachtens infolge fehlender Sachkenntnis zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage wäre oder ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - VI ZB 17/11, MDR 2012, 464). Das gilt unabhängig von der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im zu beurteilenden Fall (BGH, Beschl. v. 12.9.2018 - VII ZB 56/15, JurBüro 2018, 591) und einer tatsächlichen (positiven) Beeinflussung der Entscheidung des Gerichts (BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - VI ZB 17/11, MDR 2012, 464). Nach d...

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