Leitsatz (amtlich)

1. Die Feststellung eines verstoßabhängigen Rechtsschutzfalls richtet sich allein nach der vom VN seinem Anspruchsgegner vorgeworfenen Pflichtverletzung. Entscheidend ist der Tatsachenvortrag, mit dem der VN den Verstoß begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der VN seinen Anspruch herleitet.

2. Bei der Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs nach Widerruf eines Darlehensvertrages kommt es daher nicht auf den Zeitpunkt der fehlerhaften Belehrung über das Widerrufsrecht an, sondern auf den Zeitpunkt der von dem VN seinem Anspruchsgegner vorgeworfenen Zurückweisung des Widerrufsrechts.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 30.09.2015; Aktenzeichen 20 O 66/15)

 

Tenor

Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des LG Köln vom 30.09.2015 - 20 O 66/15 - gem. § 522 II ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten im Beschlusswege gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen, da das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Das LG hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, die Kläger gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten von außergerichtlichen Anwaltskosten aus ihrem Rechtsstreit gegen die T Bank AG i.H.v. 3.444,71 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2014 freizustellen (Klageantrag zu 1) sowie den Klägern für die außergerichtliche sowie für die nun erforderliche erstinstanzliche gerichtliche Geltendmachung ihrer Rechte gegen die T Bank AG Rechtsschutz gemäß dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsschein-Nr. 9xx35xx1-3 zu gewähren (Klageantrag zu 2). Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung, das Rechtsmittel ist unbegründet.

Ergänzend ist folgendes anzumerken:

1. Zu Recht hat das LG den Eintritt des Versicherungsfalls in rechtsschutzversicherter Zeit angenommen. Der Versicherungsfall ist dadurch eingetreten, dass die Darlehensgeberin - die T Bank - mit Schreiben vom 04.11.2014 den Widerruf der Kläger auf deren Aufforderung im Anwaltsschreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.10.2014 nicht anerkannt und eine Unwirksamkeit ihrer im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden streitgegenständlichen Darlehensverträge mit den Klägern im Jahr 2007 erteilten Widerrufsbelehrungen in Abrede gestellt hat. Hierin liegt nach den zutreffenden, mit der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen im angefochtenen Urteil eine Zurückweisung des Widerrufsrechts der Kläger.

Gem. § 4 I S. 1c) ARB 2010 liegt ein Versicherungsfall vor, wenn der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Verstoß in diesem Sinne ist jedes Verhalten, das objektiv nicht mit Rechtsvorschriften oder Rechtspflichten in Einklang steht und den Keim eines Rechtskonflikts in sich trägt (Prölss/Martin, Armbrüster, VVG, 29. Aufl. 2015, § 4 ARB, Rz. 40). Für die Bestimmung der dem Vertragspartner des Versicherungsnehmers vorgeworfenen Pflichtverletzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet (BGH, Urteil v. 25.02.2015, - IV ZR 214/14 -, in juris; BGH, Urteil v. 17.10.2007, - IV ZR 37/07 -, VersR 2008, 113 in juris Rn. 3,4; BGH, Urteil v. 05.11.2014, - IV ZR 22/13 -, in juris; BGH, Urteil v. 24.04.2013, - IV ZR 23/12 -, VersR 2013, 899 f. in juris Rn. 12 m.w.N.; Maier, RuS 2015, 489). Zutreffend führt die Beklagte zwar aus, dass auch eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung ein eigenständiger Verstoß sein kann. Die fehlerhafte Belehrung ist aber nicht derjenige Tatsachenvortrag, aus welchem die Kläger den maßgeblichen Verstoß herleiten: Die Kläger haben ihre Deckungsanfrage vom 20.10.2014 entsprechend den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil ausdrücklich darauf gestützt, dass die T Bank AG ihr fortbestehendes Widerrufsrecht nach wie vor nicht anerkenne, worin eine Zurückweisung des fortbestehendes Widerrufsrechts der Kläger zu sehen ist.

Die rechtliche Auseinandersetzung, für welche die Kläger Deckungsschutz begehren, war auch nicht durch die möglicherweise fehlerhaften und damit unwirksamen Widerrufsbelehrungen in vorvertraglicher Zeit vorprogrammiert. Zu Recht hat das LG in Anlehnung an die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urte...

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