Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung eines Versicherungsscheins

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Lebensversicherungsvertrag mit einem unwiderruflichen Bezugsrecht ist nicht der Versicherungsnehmer, sondern der Bezugsberechtigte berechtigt, das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung des Versicherungsscheins beantragen.

 

Normenkette

BGB §§ 808, 952; FamFG §§ 467-468, 483

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 378 II 159/18)

 

Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten vom 18.11.2019 gegen den am 08.10.2019 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Köln, 378 II 159/18, werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat die Beteiligte zu tragen.

 

Gründe

I. Die P. schloss als Versicherungsnehmerin zugunsten der bei ihr beschäftigten Frau W. als versicherte Person zwei im Rubrum bezeichnete Lebensversicherungen im Rahmen eines Kollektivertrages bei der N.-AG, deren Rechtsnachfolgerin die A.-AG ist, ab. In einer Nacherklärung vom 31.08.1984 bzw. 08.05.1985 übertrug die P. ihre Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmerin aus den Lebensversicherungsverträgen auf die K. GmbH, die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin. Die N.-AG hatte über die abgeschlossenen Versicherungen Versicherungsscheine ausgestellt. Als - unwiderruflich - Bezugsberechtigte sind in den Versicherungsscheinen bzw. Nachträgen im Erlebensfall die versicherte Person, Frau W., und im Ablebensfall die Mutter der versicherten Person angegeben. Die Beiträge zu den Lebensversicherungen wurden durchgehend von der jeweiligen Versicherungsnehmerin, zuletzt von der Antragstellerin, gezahlt.

Frau W. ist zum 31.12.1988 aus dem Dienst der Antragstellerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ausgeschieden. Die beiden Lebensversicherungen sind seit dem 01.03.2014 bzw. 01.01.2015 zuteilungsreif. Mit Schreiben der A.-AG vom 20.03.2014 und 18.12.2014 forderte sie die Antragstellerin auf, die Versicherungsscheine im Original vorzulegen, damit die Versicherungsleistungen in Höhe von 48.116,03 EUR und 6.203,39 EUR ausgezahlt werden können (Bl. 11, 12 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 18.09.2018 hat die Antragstellerin beantragt, ein Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung der Versicherungsscheine betreffend der im Rubrum bezeichneten Lebensversicherungen durchzuführen (Bl. 3 ff. d.A.). Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihr die Versicherungsscheine nicht vorliegen würden. Sie müssten bei einem der vielen Umzüge verloren gegangen sein. Es sei aber auszuschließen, dass die Versicherungsscheine an Frau W. übermittelt worden seien. Die Beiträge seien von ihr, der Antragstellerin, gezahlt worden. Frau W. stehe ein Auszahlungsanspruch daher nicht zu. Die A.-AG sei nur dann bereit, die Versicherungssummen an sie, die Antragstellerin, auszuzahlen, wenn entweder Frau W. zustimmen oder die Versicherungsscheine von ihr, der Antragstellerin, vorgelegt würden. Es sei jedoch weder ihr noch der Versicherung bekannt, wo sich Frau W. aufhalte bzw. ob sie noch lebe. Nachforschungen beim Einwohnermeldeamt oder der Deutschen Rentenversicherung seien insoweit ergebnislos geblieben.

Das Amtsgericht hat den Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Kraftloserklärung der im Rubrum bezeichneten Versicherungsscheine durch am 08.10.2019 erlassenen Beschluss zurückgewiesen (Bl. 60 ff. d.A.). Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Antragstellerin ihre Antragsberechtigung nicht dargelegt habe. Denn die Leistungen aus den Lebensversicherungen stünden im Zweifel den versicherten Personen zu, weil sie ausweislich der vorgelegten Unterlagen unwiderruflich bezugsberechtigt gewesen seien. Es sei deshalb auch nicht auszuschließen, dass die Versicherungsscheine den versicherten Personen übermittelt worden seien. Jedenfalls habe die Antragstellerin nicht dargelegt, warum diese Möglichkeit ausgeschlossen sei. Die vorgelegten Nachweise des Einwohnermeldeamts und der Deutschen Rentenversicherung seien zum Nachweis ungeeignet.

Gegen diesen der Antragstellerin am 16.10.2019 zugestellten Beschluss hat diese mit am Montag, den 18.11.2019 beim Amtsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss vom 08.10.2019 aufzuheben und ein Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung der beiden Versicherungsscheine durchzuführen (Bl. 71 ff. d.A.). Sie hat vorgetragen, sie habe alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, den Aufenthaltsort von Frau W. ausfindig zu machen, ausgeschöpft. Ihre Anfragen beim Einwohnermeldeamt und der Deutschen Rentenversicherung hätten keine Ergebnisse erbracht. Die A.-AG habe die Auszahlung an die Antragstellerin unter Hinweis darauf, dass Frau W. der Auszahlung zustimmen müsse, verweigert. Alternativ habe die Versicherung die Vorlage der Originalversicherungsscheine verlangt. Diese lägen der Antragstellerin aber nicht vor. Sie seien nicht mehr auffindbar. Ihre Antragsberechtigung sei gegeben. Sie sei als Versicherungsnehmerin verfügungsbefugt. Die Zustimmung de...

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