Leitsatz (amtlich)

1. Erfüllt ein Antragsteller, der Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens beantragt, eine ihm von dem Berufungsgericht unter Fristsetzung gemachte Auflage zwar formal, kann er sich aber aufgrund der nun gemachten Angaben nicht mehr darauf verlassen, dass das Gericht auf dieser Grundlage die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe als gegeben ansieht, beginnt die Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 2 ZPO) bereits mit Ablauf der zur Erfüllung der Auflagen gesetzten Frist. Dies gilt auch, wenn ein Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe beantragt.

2. Eine Partei, die vor Ablauf der Berufungsfrist zur Durchführung des Rechtsmittels Prozesskostenhilfe beantragt hat, hat die Berufungsfrist grundsätzlich unverschuldet i.S.d. § 233 ZPO versäumt, wenn bei im Wesentlichen unveränderten Einkommensverhältnissen die Vorinstanz noch Prozesskostenhilfe bewilligt hatte. Dies setzt jedoch als selbstverständlich voraus, dass bereits in der ersten Instanz die Vermögensverhältnisse zutreffend und vollständig dargelegt wurden.

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 20.12.2002; Aktenzeichen 1 O 24/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 20.12.2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn - 1 O 24/02 - wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag des Klägers vom 4.12.2003 auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das am 20.12.2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn - 1 O 24/02 - wird abgelehnt.

3. Die Gegenvorstellung des Klägers vom 4.12.2003 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Senats vom 19.11.2003 wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Wiedereinsetzungs- und des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt das beklagte Land im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückgewähr vereinnahmter Steuerzahlungen in Anspruch.

Durch Schriftsatz vom 21.1.2002 (Bl. 1 ff. d.A.) beantragte der Kläger zur Durchführung des Rechtsstreits vor dem LG Prozesskostenhilfe. Ausweislich der als Anlage 1 dem Antrag beigefügten Erklärung vom gleichen Tag verfügte er seit dem 31.12.2000 über einen unveränderten Massebestand i.H.v. 1.316,64 Euro (Bl. 3 d.A.). Unter dem 14.3.2002 wies der Kläger darauf hin, dass die von der Beklagten zwischenzeitlich erfolgte Zahlung i.H.v. 10.225,84 Euro nicht ausreiche, um die Kosten des Insolvenzverfahrens abzudecken (Bl. 17 d.A.). Das LG bewilligte dem Kläger durch Beschluss vom 17.5.2002 für eine Klageforderung i.H.v. 31.371,15 Euro Prozesskostenhilfe (Bl. 26 d.A.). Durch Urteil vom 20.12.2002, den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.12.2002 (Bl. 125 d.A.) zugestellt, hat das LG die Klage bis auf einen geringfügigen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs abgewiesen (Bl. 103 ff. d.A.).

Der Kläger hat durch einem am 22.1.2003 bei dem OLG eingegangenen Schriftsatz (Bl. 134 d.A.) Prozesskostenhilfe für eine noch einzulegende Berufung beantragt. In dem Schriftsatz wird darauf hingewiesen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin im Wesentlichen unverändert seien und die vorhandene Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Kosten des Berufungsverfahrens abzudecken. Ausweislich einer dem Antrag beigefügten Erklärung vom 21.1.2003 (Bl. 135 d.A.) seien in dem Insolvenzverfahren Massekosten i.H.v. 18.000 Euro zu berücksichtigen; Masseverbindlichkeiten seien derzeit nicht bekannt. Durch Berichterstatterschreiben vom 21.2.2003 (Bl. 163 d.A.) wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass sich anhand des Inhalts der von ihm überreichten Erklärung nicht überprüfbar feststellen lasse, ob die vorhandene Masse nicht ausreiche, um die Kosten des Berufungsverfahrens bestreiten zu können. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, die fehlenden Angaben bis zum 12.3.2003 nachzuholen. Mit Schriftsatz vom 28.2.2003, beim OLG am 4.3.2003 eingegangen (Bl. 165 d.A.), hat der Kläger eine ergänzende Erklärung überreicht, aus der sich ergebe, dass die ihm zur Zeit zur Verfügung stehende Masse nicht ausreichend sei, um damit die Kosten des Berufungsverfahrens zu decken. In der Erklärung (Bl. 166 d.A.) verweist der Kläger darauf, dass ihm zur Zeit ein Bankguthaben i.H.v. 22.932,10 Euro zur Verfügung stehe. Durch Beschluss vom 19.11.2003 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens abgelehnt (Bl. 200 d.A. sowie Bl. 10 ff. des PKH-Heftes). Gegen diesen Beschluss, der dem Kläger am 24.11.2003 zugestellt worden ist (Bl. 15 des PKH-Heftes sowie Bl. 200 R d.A.), hat er durch Schriftsatz vom 4.12.2003 (Bl. 16 ff. des PKH-Heftes) Gegenvorstellung erhoben. Durch einen weiteren Schriftsatz mit gleichem Datum, eingegangen beim OLG am 8.12.2003 (Bl. 214 f. d.A.) hat der Kläger wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er sei ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten, weil er wegen der Bewillig...

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