Leitsatz (amtlich)

1. Liegt ein letztwillige Verfügung vor, ist ein vom Rechtspfleger gefasster Feststellungsbeschluss i.S.d. § 352 FamFG im Beschwerdeverfahren auch dann aufzuheben, wenn aufgrund Wegfalls sämtlicher gewillkürter Erben die gesetzliche Erbfolge eingreift, sofern nicht eine Übertragung durch den Nachlassrichter stattgefunden hat.

2. Eine Ausschlagungserklärung, die in einer fremden Sprache ohne Übersetzung in die deutsche Sprache bei dem Nachlassgericht eingereicht wird, ist nicht geeignet, die Ausschlagungsfrist zu wahren.

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Beschluss vom 03.05.2013; Aktenzeichen 704 VI 24/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 6.11.2013 wird der Beschluss der Rechtspflegerin des AG Aachen vom 3.5.2013 - 704 VI 24/11 - aufgehoben.

Die Sache wird zur Entscheidung über den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) vom 27.12.2010 an das AG Aachen - Nachlassrichter - zurückverwiesen.

Etwaige Kosten für das Verfahren vor dem OLG werden nicht erhoben.

 

Gründe

1. Das letzte Testament des Erblassers datiert vom 2.9.1969. Darin hat der Erblasser unter Aufhebung aller vorangegangenen letztwilligen Verfügungen zu seinen Erben zu gleichen Teilen Frau Sch., und seinen Sohn S. eingesetzt. Weiterhin heißt es in dem Testament: "Ersatzerbe für Frau Sch. soll mein Sohn S., Ersatzerbin für meinen Sohn S. soll Frau Ruth Sch. sein".

Laut einer vom Nachlassgericht eingeholten Auskunft der Stadt Troisdorf vom 13.6.2007 ist Frau Sch. am 25.2.1972 verstorben. Der Sohn des Erblassers aus erster Ehe, Herr Sp., hatte nach seinen Angaben durch ein ihm am 30.9.2006 zugegangenes Schreiben des Nachlassgerichts vom 19.9.2006 erfahren, dass er durch das Testament vom 2.9.1969 zum Miterben nach seinem Vater berufen war. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 5.10.2006, eingegangen beim Nachlassgericht am 12.10.2006, erklärte der Sohn des Erblassers die Ausschlagung der Erbschaft aus allen Berufungsgründen - auch als gesetzlicher Erbe -. In derselben Urkunde erklärten der Sohn des Erblassers und Frau Sp. r, als gesetzliche Vertreter die Erbschaft aus allen Berufungsgründen auch für ihre minderjährigen Kinder auszuschlagen.

Der am 14.5.1971 geborene nichteheliche Sohn des Erblassers, B., ist im Jahre 1973 von einem Ehepaar adoptiert worden.

Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um die Witwe des Erblassers; die Ehe war am 19.7.2005 geschlossen worden.

Der Erblasser war durch rechtskräftig gewordenes Versäumnisurteil des LG Bonn vom 17.5.1988 (13 O 39/88) verurteilt worden, an den Beteiligten zu 1) und Frau Rechtsanwältin M. 16.400 DM nebst 8 % Zinsen von 11.400 DM seit dem 22.8.1986 und von weiteren 5000 DM seit dem 20.3.1988 zu zahlen; auf der Grundlage des Urteils sind Kostenfestsetzungsbeschlüsse gegen den Erblassers ergangen.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 27.12.2010 bei dem Nachlassgericht beantragt, gem. § 792 ZPO einen Erbschein zu erteilen. Er hat ausgeführt, die Ehefrau des Erblassers sei dessen Alleinerbin.

Zu dem Antrag hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 27.7.2012 angehört. Dieses Schreiben ist der Beteiligten zu 2) am 27.9.2012 durch Vermittlung des zuständigen Gerichts in Polen übergeben worden. Mit einem am 23.10.2012 bei dem AG eingegangenen Schreiben hat die Beteiligte zu 2) eine von einem polnischen Notar in polnischer Sprache errichtete Urkunde eingereicht (Bl. 114 ff.). In einem Hinweisschreiben vom 4.12.2012 hat das Nachlassgericht die Beteiligte zu 2) aufgefordert, umgehend Übersetzungen der Schriftstücke einzureichen, anderenfalls sie bei der Entscheidung keine Beachtung finden könnten.

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat mit Beschluss vom 3.5.2013 die Tatsachen, die zur Begründung des Erbscheinsantrages des Beteiligten zu 1) erforderlich seien, für festgestellt erachtet, die sofortige Wirkung des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist ausgeführt, dass der Rechtsbehelf der Erinnerung gegeben sei, weil der Gegenstandswert 600,-EUR nicht übersteige.

Gegen den Beschluss, der ihr am 23.10.2013 zugestellt worden ist, hat die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 6.11.2013, das bei dem AG am 20.11.2013 eingegangen ist, "Erinnerung" eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Erbschaft durch Erklärung vom 12.10.2012 vor einem polnischen Notar ausgeschlagen zu haben; beigefügt war eine Abschrift der am 23.10.2012 bei dem AG eingereichten Urkunde des polnischen Notars nebst deutscher Übersetzung. Die Rechtspflegerin hat der "Erinnerung" durch Beschluss vom 27.12.2013, erlassen am 2.1.2014, nicht abgeholfen und die Sache der Richterin des Nachlassgerichts vorgelegt. Nachdem die Richterin in einem Vermerk die Auffassung geäußert hatte, dass die Beschwer der Beteiligten zu 2) der vom Beteiligten zu 1) geltend gemachten Forderung entspreche, hat die Rechtspflegerin des AG entschieden, der als Beschwerde zu wertenden Erinnerung nicht...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge