Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuweisung der Ehewohnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Zuweisung der Ehewohnung gem. § 1361b BGB scheidet aus, wenn ein Ehepartner die Wohnung endgültig aufgegeben und dem anderen Ehepartner zur Nutzung überlassen hat, weil die Wohnung dann ihren Charakter als Ehewohnung verloren hat.

2. Gleiches gilt im Ergebnis, wenn der ausgezogene Ehegatte das Mietverhältnis über die von ihm allein gemietete Wohnung gekündigt hat. Dass er in einem solchen Fall mit der Weiternutzung der Wohnung durch den anderen Ehegatten nicht einverstanden ist, weil das Mietverhältnis beendet und beide Ehegatten zur Räumung verpflichtet sind, rechtfertigt keine Zuweisungsanordnung nach § 1361b BGB zugunsten des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten.

 

Normenkette

BGB § 1361b

 

Verfahrensgang

AG Kerpen (Beschluss vom 30.12.2004; Aktenzeichen 50 F 327/04)

 

Tenor

Das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin zur Durchführung der Beschwerde gegen den Beschluss des AG - FamG - Kerpen vom 30.12.2004 - 50 F 327/04 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Eheleute, die seit Juli 2004 getrennt leben. Aus der Ehe ist ein im November 1999 geborenes Kind hervorgegangen, das von der Antragstellerin betreut wird.

Bis zur Trennung lebten die Parteien mit dem Kind in einer von dem Antragsgegner angemieteten Wohnung in Frechen. Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen der Parteien wurde dem Antragsgegner im Juli 2004 von der Polizei ein befristetes Rückkehrverbot erteilt. Durch Beschluss des AG vom 3./5.8.2004 wurde der Antragstellerin sowie dem Kind im Wege der einstweiligen Anordnung die eheliche Wohnung für die Dauer von 6 Monaten zur alleinigen Nutzung zugewiesen. In der Folgezeit kündigte der Antragsgegner das Mietverhältnis über die Wohnung zum 31.12.2004. Im Termin vom 30.12.2004 hat er erklärt, nicht mehr in die Wohnung zurückkehren zu wollen.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag der Antragstellerin auf Zuweisung der Ehewohnung im Hauptverfahren zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, der an sich gegebene Anspruch der Antragstellerin auf Überlassung der Wohnung sei wegen der Kündigung des Mietverhältnisses nach dem 31.12.2004 nicht mehr durchsetzbar. Eine Umgestaltung des Mietverhältnisses komme nicht in Betracht, weil § 1361b BGB nur eine vorläufige Benutzungsregelung, nicht aber rechtsgestaltende Maßnahmen mit Außenwirkung gegen Dritte (Vermieter) ermögliche.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde der Antragstellerin, die für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin ist zurückzuweisen, weil ihre Beschwerde aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses keine Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Eine Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin gem. § 1361b BGB scheidet schon deswegen aus, weil es sich inzwischen nicht mehr um eine Ehewohnung im Sinne der Vorschrift handelt. Zwar verliert eine vor der Trennung von den Eheleuten gemeinsam genutzte Wohnung ihren Charakter als Ehewohnung nicht schon durch den Auszug eines Ehepartners. Anders ist es aber, wenn die Wohnung endgültig aufgegeben und dem anderen Ehepartner die Nutzung überlassen wird (Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 1361b Rz. 9; Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl. 2000, Teil VIII Rz. 87; Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl. 2005, § 1361b Rz. 6; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 621 Rz. 51, jeweils m.zahlr.w.N.). Dem ist der Fall gleichzusetzen, dass der ausgezogene Ehegatte - wie hier - das Mietverhältnis gekündigt hat (KG v. 6.8.1992 - 18 UF 3863/92, NJW-RR 1993, 132; Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl. 2005, § 1361b Rz. 6; OLG Oldenburg v. 4.11.1992 - 12 UF 91/92, FamRZ 1993, 1342, für den Fall der Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter). In derartigen Fällen ist ein gerichtliches Zuweisungsverfahren entbehrlich und deshalb unzulässig (Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl. 2000, Teil VIII Rz. 87).

2. Der Antragsgegner ist zwar im vorliegenden Fall nicht mit der Weiternutzung der Wohnung durch die Antragstellerin einverstanden, aber nicht, weil er sie selbst nutzen möchte, sondern weil das Mietverhältnis beendet und beide Parteien zur Räumung verpflichtet sind. Daran kann - wie das AG zutreffend ausgeführt hat - im Verfahren nach § 1361b BGB nichts geändert werden, insb. erlaubt dieses Verfahren keine rechtgestaltenden Maßnahmen ggü. dem Vermieter. Die für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung geltende Vorschrift des § 5 HausratsVO ist in der Trennungszeit nicht analog anwendbar (vgl. statt vieler Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 1361b Rz. 5, 56). Die allein das Verhältnis zu dem Antragsgegner betreffende Zuweisungsanordnung nach § ...

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