Leitsatz (amtlich)

Legt der Anwalt vollmachtlos ein Rechtsmittel für "seinen Mandanten" ein, so ist dieses auf seine Kosten als unzulässig zu verwerfen.

 

Normenkette

ZPO § 97 Abs. 1, § 240; InsO §§ 115-116

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 24.05.2005; Aktenzeichen 15 O 138/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat Rechtsanwältin B.L., M.-Straße 1c, C. zu tragen.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: bis zu 300 EUR.

 

Gründe

I. Im Juni 2003 leiteten die Kläger ein Mahnverfahren ein. Der Beklagte ließ durch Rechtsanwältin L. Rechtsbehelf einlegen. Da die Kläger die weiteren Gerichtskosten erst im März 2005 einzahlten, wurde das Verfahren erst nunmehr an das LG Bonn als Streitgericht abgegeben. In ihrer Begründungsschrift nahmen die Kläger die Klage teilweise i.H.v. 3.492,09 EUR zurück. Es meldete sich daraufhin Rechtsanwalt Dr. T-C beim LG Bonn und teilte mit, dass über das Vermögen des Beklagten bereits am 13.11.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden und er zum Treuhänder ernannt worden sei. Eine Kopie des Eröffnungsbeschlusses des AG Bonn - 99 IK 91/03 - wurde beigefügt. Des Weiteren wandte sich in dieser Sache Rechtsanwältin L. schriftsätzlich an das LG Bonn. Sie teilte mit, das Mahngericht, das AG Euskirchen, habe ihr mitgeteilt, dass der Rechtsstreit abgegeben worden sei. Zugleich verwies sie wie Rechtsanwalt Dr. T.-C. auf § 240 ZPO. Mit weiterem Schriftsatz beantragte Rechtsanwältin L., den Klägern die Kosten gem. § 269 ZPO insoweit aufzuerlegen, als sie die Klage teilweise zurückgenommen haben. In der Folgezeit kam es zwischen den Klägern und Rechtsanwältin L. einerseits und dem LG zu wechselseitigem Schriftverkehr. Mit Beschl. v. 24.5.2005 wies das LG "den Antrag des Beklagten", gemeint ist offensichtlich der von Rechtsanwältin L. gem. § 269 ZPO gestellte Antrag, zurück unter Hinweis darauf, dass das Verfahren gem. § 240 ZPO unterbrochen sei. Des Weiteren führte es aus, während der Zeit der Unterbrechung sei das Gericht nicht befugt, Entscheidung zu treffen, auch nicht im Hinblick auf die Verteilung von Kosten. Der Beschluss wurde Rechtsanwältin L. am 1.6.2005 zugestellt, die hiergegen tags darauf sofortige Beschwerde einlegte.

Sie hat die Ansicht vertreten, § 240 ZPO stehe ihrem Begehren nach einer Teil-Kostenentscheidung nicht entgegen. Das LG hat entsprechend dem Antrag der Kläger der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

Auf dessen Hinweis, dass wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Bedenken bezüglich des Fortbestandes ihrer Prozessvollmacht bestehen, erklärte Rechtsanwältin L, der Insolvenzverwalter sei über ihr Tun von Anfang an informiert und habe mehrfach erklärt, damit einverstanden zu sein. Auf eine dahingehende Aufforderung werde sie eine entsprechende Bestätigung vorlegen.

Nachdem die Kläger die Bevollmächtigung von Rechtsanwältin L. bestritten hatten, wurde diese vom Senat um die Vorlage einer Vollmacht des Insolvenzverwalters gebeten. Nunmehr räumte Rechtsanwältin L. ein, dass ihr eine solche trotz mehrfacher Kontaktaufnahme zum Insolvenzverwalter nicht erteilt worden sei. Zugleich vertritt sie aber die Ansicht, dass sie eine solche nicht benötige. Dem treten die Kläger entgegen.

II. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig.

Rechtsanwältin L. mangelt es bezüglich des Klage- wie auch des Beschwerdeverfahrens an einer Prozessvollmacht.

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten durch das AG Bonn wurde das vorliegende Verfahren gem. § 240 ZPO unterbrochen, weil durch den Ausgang des Rechtsstreites die Insolvenzsumme betroffen wird. Dies hatte zugleich zur Folge, dass die Prozessvollmacht von Rechtsanwältin L. bereits zu einem Zeitpunkt erloschen ist, als das Verfahren noch beim Mahngericht anhängig war. Der Grund liegt darin, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag, der der Prozessvollmacht zugrunde liegt, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt, §§ 116, 115 InsO (Feiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 240 Rz. 5). Die Prozessvollmacht muss sich in jedem Augenblick des Rechtsstreites von einem Vollmachtgeber ableiten lassen, der (noch) prozessführungsbefugt ist. Dies war vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung an allein der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., vor § 50 Rz. 21, § 51 Rz. 7).

Die Unterbrechungswirkung dauert auch fort. Eine wirksame Aufnahme des Verfahrens nach den Regeln der Insolvenzordnung ist bislang nicht erfolgt. Während der Zeit der Verfahrensunterbrechung hat sich das mit der Sache befasste Gericht aller weiteren Handlungen hinsichtlich der Hauptsache zu enthalten. Als Hauptsache in diesem Sinne ist beispielsweise auch eine instanzabschließende Kostengrundentscheidung nach Teil-Anerkenntnis und - trotz laufendem Insolvenzverfahren wirksamer - Klagerücknahme im Übrigen anzusehen (OLG Bamberg v. 13.4.2000 - 7 W 2/00, 7 W 3/00, OLGReport Bamberg 2001, 255). Alle dennoch vorgenommenen, die Haupt...

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