Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 9 O 348/16)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. März 2017 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 3 O 348/16 - wird zurückgewiesen.

Die Streithelferin der Beklagten trägt ihre im Berufungsverfahren entstandenen Kosten selbst. Im Übrigen werden die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin des Klägers der Beklagten auferlegt.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger oder die Streithelferin des Klägers vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

 

Gründe

I. Der am 22.10.1982 geborene Kläger leidet an einer Noncompaction Kardiomyopathie, einer angeborenen Herzerkrankung. Am 23.4.2004 erfolgte die Implantation eines Defibrillators. Nachdem am 1.4.2005 eine Herzrhythmusstörung aufgetreten war, setzten die Ärzte im Krankenhaus der Beklagten den Betablocker Bisoprolol ab und verabreichten das Antiarrythmikum Amiodaron. Am 2.4.2005 verließ der Kläger das Krankenhaus. Am 4.4.2005 kam es zu schweren Herzrhythmusstörungen und einem Herz-Kreislaufstillstand. Nach der Reanimation blieb beim Kläger eine hypoxische Hirnschädigung mit Tetraparese zurück. Er befindet sich seitdem im Wachkoma.

Der Kläger hat die Beklagte im Vorprozess auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes und die Feststellung der Ersatzpflicht in Anspruch genommen. Das Landgericht Bonn hat die Beklagte nach Einholung eines kardiologischen Gutachtens von Prof. Dr. T durch das am 4.2.2010 verkündete Urteil zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 200.000 EUR verurteilt und dem Feststellungsantrag, soweit er sich auf materielle und zukünftige, nicht vorhersehbare immaterielle Schäden bezog, stattgegeben.

Im Berufungsverfahren hat der Senat, nachdem er zu den Umständen der Entlassung des Klägers und dem Inhalt der Sicherungsaufklärung Beweis erhoben hatte, mit Beschluss vom 22.9.2010 einen Abfindungsvergleich über 500.000 EUR vorgeschlagen. Nach Einholung eines weiteren kardiologischen Gutachtens von Prof. Dr. F und Anhörung des Sachverständigen hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 19.3.2012 zunächst einen Abfindungsvergleich über 750.000 EUR angeregt und sodann die Berufung der Beklagten mit am 6.6.2012 verkündeten Urteil zurückgewiesen. Er hat festgestellt, dass der Kläger, bevor er die Klinik gegen ärztlichen Rat verlassen habe, nicht ausreichend therapeutisch über die Risiken der medikamentösen Neueinstellung aufgeklärt worden sei. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26.2.2013 zurückgewiesen.

Die Bevollmächtigten des Klägers, die Partnergesellschaft R & Partner, und die Haftpflichtversicherung der Beklagten, die S Versicherung, welche vorab 600.000 EUR zahlte, führten daraufhin Vergleichsverhandlungen. Am 17.10.2013 erklärte sich der Kläger, vertreten durch seine Betreuerin und Mutter, wegen aller materiellen und immateriellen Ansprüche gegen die Beklagte oder gegen sonstige Personen wegen der Behandlung im April 2005 nach Zahlung von weiteren 1.050.000 EUR zuzüglich Rechtsanwaltsgebühren für endgültig abgefunden. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zahlte die Beträge in den folgenden Tagen.

Mit Beschluss vom 24.2.2014 bestellte das Amtsgericht Siegburg Rechtsanwalt Q zum weiteren Betreuer des Klägers. Der Aufgabenkreis umfasste unter anderem die Überprüfung der Vergleichsvereinbarung mit der Beklagten und die Geltendmachung etwaiger weiterer Forderungen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Abfindungserklärung unwirksam sei. Die erforderliche Genehmigung des Betreuungsgerichts sei nicht beantragt und erteilt worden. Der geschlossene Vergleich sei ein anderer als der vom Oberlandesgericht vorgeschlagene. Der Kläger beziffert die in der Vergangenheit entstandenen Pflegekosten mit 1.541.847,50 EUR, seinen Erwerbsschaden mit 1.223.000 EUR, die Kosten für behindertengerechte Fahrzeuge und den Bau eines behindertengerechten Hauses mit 100.000 EUR und 450.000 EUR sowie die zukünftigen Pflegekosten mit 7.095.000 EUR.

Der Kläger hat seiner Mutter und Betreuerin den Streit verkündet, die ihm daraufhin als Streithelferin beigetreten ist. Der Partnergesellschaft R & Partner ist der Streit vom Kläger, der Streithelferin des Klägers und der Beklagten verkündet worden. Sie ist der Beklagten als Streithelferin beigetreten.

Der Kläger und die Streithelferin des Klägers haben beantragt,

festzustellen, dass die Rechte des Klägers aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bonn vom 4.2.2010 in Sachen I ./. B Klinik T2 GmbH Az. - 9 O 425/08 - durch die Abfindungserklärung der Betreuerin des Klägers, Frau D I2 vom 17.10.2013, in welcher für den Kläger erklärt wird, dass dieser sich wegen aller materiellen und immateriellen Ansprüche aus Vergangenheit,...

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