Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 96 AR 1/99)

AG Neuwied (Aktenzeichen 21 IN 46/99)

 

Tenor

Das Amtsgericht Bonn wird angewiesen, dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Neuwied vom 28. Mai und 17. Juni 1999 zu entsprechen. Jedoch bleibt die Anordnung der Vorführung der Geschäftsführerin des Antragsgegnerin dem Amtsgericht Neuwied vorbehalten.

 

Gründe

Die Bestimmungen der §§ 156 ff GVG über die Rechtshilfe sind auch im Verfahren nach der Insolvenzordnung anzuwenden (vgl. Kirchhof in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 1999, § 2, Rdn. 10 und § 5, Rdn. 16; Schmerbach in: Frankfurter Kommentar zur InsO, 1999, § 2, Rdn. 12 und § 5, Rdn. 25; Smid, InsO, 1999, § 4, Rdn. 11). Mit der Verweisung auf die Vorschriften der Zivilprozeßordnung wird durch § 4 InsO das Insolvenzverfahren – in gleicher Weise wie durch § 72 KO das Konkursverfahren (vgl. hierzu Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl. 1994, § 72, Rdn. 1) – der streitigen Gerichtsbarkeit zugeordnet, so daß hier auch die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes anwendbar sind, soweit die Insolvenzordnung selbst keine speziellere Regelung trifft. Nachdem es das Amtsgericht Bonn durch Verfügungen vom 8. und 29. Juni 1999 abgelehnt hat, dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Neuwied vom 28. Mai und 17. Juni 1999 zu entsprechen, hat daher auf die Beschwerde des ersuchenden Gerichts vom 9. Juli 1999 gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 GVG das Oberlandesgericht Köln zu entscheiden, zu dessen Bezirk das ersuchte Gericht gehört.

Dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Neuwied hat das Amtsgericht Bonn zu entsprechen, soweit es nicht auf den Erlaß eines Vorführungsbefehls durch den ersuchten Richters zielt. Nach § 158 Abs. 1 GVG darf ein Rechtshilfeersuchen grundsätzlich nicht abgelehnt werden. Etwas anders gilt nur, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist (§ 158 Abs. 2 Satz 1 GVG) oder wenn das Ersuchen nicht ausführbar ist, etwa weil die vorzunehmende Handlung nicht hinreichend deutlich bezeichnet ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 57. Aufl. 1999, § 158 GVG, Rdn. 1; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 158 GVG, Rdn. 1). Soweit nicht der Erlaß eines Vorführungsbefehls in Rede steht, liegt keiner dieser Ausnahmefälle hier vor.

Gemäß den §§ 20, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Schuldner bzw. das zu seiner Vertretung berufene Organ, im Fall einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung also deren Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 GmbH; vgl. Kirchhof, a.a.O., § 20, Rdn. 4), auch im Eröffnungsverfahren zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die Einholung von Auskünften des Schuldners oder seines gesetzlichen Vertreters ist nicht auf eine schriftliche Befragung beschränkt. Vielmehr können der Schuldner oder sein gesetzlicher Vertreter gemäß den §§ 20 Satz 2, 97 Abs. 3 Satz 1, 101 Abs. 1 Satz 1 InsO auch zu einem Termin geladen werden, damit er in diesem Termin die erforderlichen Auskünfte erteilt (vgl. Eickmann in: Heidelberger Kommentar, a.a.O., 1999, § 97, Rdn. 16). Die im Schrifttum vertretene Auffassung, das Insolvenzgericht solle auf Vernehmungen im Wege der Rechtshilfe insbesondere wegen des damit verbundenen Zeitverlustes und des eingeschränkten Erkenntniswerts derartiger Vernehmungen möglichst verzichten (vgl. Schmerbach, a.a.O., § 5, Rdn. 25), steht der Verpflichtung des Amtsgerichts Bonn zur Ausführung des Rechtshilfeersuchens ebensowenig entgegen wie der Einwand in der Verfügung des ersuchten Gerichts vom 29. Juni 1999, daß die Geschäftsführerin der Schuldnerin – wie aus einem anderen Verfahren bekannt sei – „zum Termin sowieso nicht erscheine”, weshalb ihre Vernehmung im Wege der Rechtshilfe „untunlich” sei. Ob eine bestimmte Verfahrensweise zweckmäßig ist, unterliegt allein der Beurteilung des ersuchenden Gerichts. Ein Rechtshilfeersuchen darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil der ersuchte Richter die Verfahrensweise des ersuchenden Gerichts als unzweckmäßig oder „untunlich” ansieht (vgl. BGH NJW 1990, 2936 [2937]; BayObLG, Rpfleger 1994, 103; OLG Düsseldorf, MDR 1996, 843 [844]; Baumbach/Lauterbach/Albers, a.a.O., § 158 GVG, Rdn. 3; Zöller/Gummer, a.a.O., § 158 GVG, Rdn. 4). Zudem kann, wenn die Geschäftsführerin der Schuldnerin zu dem Termin vor dem ersuchten Richter des Amtsgerichts Bonn nicht erscheinen sollte, gemäß den §§ 20 Satz 2, 98 Abs. 1 Nr. 1, 101 Abs. 1 Satz 1 InsO ihre zwangsweise Vorführung und erforderlichenfalls auch die Haft angeordnet werden, um die Erfüllung ihrer Auskunftspflichten zu erzwingen.

Das Rechtshilfeersuchen ist auch hinreichend bestimmt. Zwar kann einem solchen Ersuchen dann – mangels Ausführbarkeit – nicht entsprochen werden, wenn sich aus ihm für den ersuchten Richter nicht mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, um welche Maßnahmen er gebeten wird, wenn also im Fall eines Vernehmungsersuchens nicht klargestellt ist, worüber – zu welchen Themen – die zu befragende Person vernommen werden soll (vgl. OLG Koblenz, NJW 1975, 1036; OLG Oldenburg, NJW-RR 1992, 64; OLG Frankfurt, MDR 1995, 1216; Zö...

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