Leitsatz (amtlich)

1. Es ist fraglich, ob unter Geltung des FamFG an der hergebrachten Auffassung, wonach ein Erbschein oder ein Testamentsvollstreckerzeugnis allein wegen der örtlichen Unzuständigkeit des erteilenden Gerichts gem. § 2361 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 2368 Abs. 2 BGB) einzuziehen ist, festzuhalten ist.

2. Etwaigen Zweifel daran, ob der Erblasser im Zeitpunkt eines Wohnsitzwechsels geschäftsfähig war, ist bei der Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Nachlassgerichts nicht nachzugehen. Insoweit ist zu unterstellen, dass der Erblasser bei dem Wohnsitzwechsel unbeschränkt geschäftsfähig war.

 

Normenkette

BGB § 2361; FamFG §§ 2, 343

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Beschluss vom 24.11.2014; Aktenzeichen 46 VI 135/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3. wird der am 25.11.2014 erlassene Beschluss des AG - Nachlassgerichts - Siegburg vom 24.11.2014 - 46 VI 135/08 aufgehoben. Die Anregung der Beteiligten zu 1. und 2., das am 15.9.2010 erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen, wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben jeweils zur Hälfte die in beiden Rechtszügen entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 3. zu erstatten. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) für das Einziehungsverfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Am 28.11.2007 verstarb in Bonn die am 1.2.1917 geborene Frau J. M.. Der Beteiligte zu 3. ist einer von zwei Söhnen der Erblasserin; die Beteiligen zu 1. und. 2 sind die Ehefrau bzw. die Tochter des zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen weiteren Sohnes der Erblasserin.

Die Erblasserin wohnte bis zum Mai 2007 in Weiterstadt-Gräfenhausen im Bezirk des AG Darmstadt. Von dort zog sie - jeweils ohne melderechtliche Registrierung - nach Sinzig-Bad Bodendorf und im September 2007 in das Seniorenheim in Troisdorf. Am 21.11.2007 meldete der Beteiligte zu 3. die Erblasserin unter seiner Wohnanschrift nach Niederkassel-Rheidt um. Diese Ummeldung wurde vom Bürgermeister der Stadt Niederkassel nachträglich berichtigt, so dass melderechtlich wieder die Anschrift der Erblasserin in Weiterstadt als Hauptwohnung gilt.

Mit privatschriftlichem Testament vom 18.4.2007 hatte die Erblasserin ihre beiden Söhne zu je 1/2-Anteil zu ihren Erben eingesetzt und den Beteiligten zu 3. zum Testamentsvollstrecker ernannt. Zu Gunsten der Beteiligten zu 1. ist in dem Testament ein Vermächtnis i.H.v. 30.000 EUR ausgesetzt. Dem Beteiligten zu 3. ist am 15.9.2010 vom AG Siegburg ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden (Bl. 8 f. d.A.). Einen auf Entlassung des Beteiligten zu 3. als Testamentsvollstrecker gerichteten Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. hat der Senat im Beschwerdeverfahren 2 Wx 321/12 mit Beschluss vom 21.12.2012 (Bl. 282 ff. d.A.), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz an das Nachlassgericht vom 2.4.2014 (Bl. 353 d.A.) wiesen die Beteiligten zu 1. und 2. auf den bereits in dem o.g. Beschwerdeverfahren angesprochenen Umstand hin, dass der Beteiligte zu 3. die Erblasserin eine Woche vor ihrem Tod "illegal ... umgemeldet" habe, so dass das Testamentsvollstreckerzeugnis - ebenso wie der im Verfahren 46 VI 136/08 erteilte Erbschein - am falschen Ort beantragt und erteilt worden sei. Dies hat das Nachlassgericht veranlasst, in Ermittlungen über die Geschäftsfähigkeit des Erblasserin einzutreten und sodann mit am 25.11.2014 erlassenem Beschluss vom 24.11.2014, auf den wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes Bezug genommen wird, das am 15.9.2010 erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen. Dieses sei unrichtig i.S.d. § 2361 BGB, weil das AG Siegburg bei dessen Erteilung unzuständig gewesen sei. Die Erblasserin sei nämlich nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen bei ihrem Umzug in das Seniorenheim in Troisdorf sowie bei ihrer späteren Anmeldung am Wohnort des Beteiligten zu 3. in Niederkassel nicht mehr geschäftsfähig gewesen; dementsprechend habe sie dort nicht wirksam einen Wohnsitz i.S.d. § 343 Abs. 1 FamFG begründen können.

Gegen diesen ihm am 27.11.2014 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 3. mit Schriftsatz vom 23.12.2014, beim AG am selben Tage eingegangen, Beschwerde eingelegt. Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 9.1.2015, erlassen am 12.1.2015, nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise, insbesondere nach Maßgabe der §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 2 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 3. hat auch in der Sache selbst Erfolg.

1. Ergibt sich, dass ein erteiltes Testamentsvollstreckerzeugnis unrichtig ist, so hat das Nachlassgericht dieses gem. §§ 2368 Abs. 2, 2361 Abs. 1 BGB einzuziehen. Dabei können auch Verfahrensfehler die Unrichtigkeit begründen und die Einziehung gebieten; wegen der weitreichenden Folgen der Einziehung muss dies aber auf schwerwiegende Fälle beschränkt bleiben (MünchKomm/Mayer...

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