Leitsatz (amtlich)

1. Vor deutschen Gerichten ist die von einem (auch) deutschen Staatsbürger seiner iranischen Braut bei der Eheschließung im Iran versprochene Morgengabe nach deutschem Recht zu beurteilen.

2. Das Versprechen einer Morgengabe von 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen im Wert von umgerechnet mehr als 94.000 EUR ist nicht sittenwidrig, wenn es den Ehemann nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht krass überfordert.

3. Die Geschäftsgrundlage eines solchen Versprechens ändert sich nicht allein durch den Umzug der Eheleute nach Deutschland und ihre Scheidung nach nicht mehr kurzer Ehedauer.

4. Das Versprechen hält auch der Ausübungskontrolle stand, wenn die Morgengabe bei den Ansprüchen auf Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt berücksichtigt und dadurch eine einseitige Belastung des Ehemannes durch Kumulation wirtschaftlicher Scheidungsfolgen vermieden werden kann.

5. Minderungs- oder Anpassungsgründe des fremden Rechts, die in der ehevertraglichen Vereinbarung keinen Ausdruck gefunden haben, können nicht herangezogen werden, um den Umfang einer nach deutschem Recht eingeforderten Morgengabe zu korrigieren.

 

Normenkette

EGBGB Art. 14-15, 17; BGB §§ 118, 125, 138, 242, 313, 812

 

Verfahrensgang

AG Köln (Beschluss vom 14.01.2015; Aktenzeichen 301 F 14/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Köln vom 14.01.2015 (301 F 14/14) wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 94.338,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am 00.00.1977 geborene Antragstellerin besitzt die iranische, der am 00.00.1958 geborene Antragsgegner, der seit 1980 in Deutschland lebt, hier Elektrotechnik studiert und eine Ausbildung zum EDV-Kaufmann und Kommunikationselektroniker abgeschlossen hat, die iranische und seit 2006 die deutsche Staatsangehörigkeit. Am 01.04.2009 schlossen die Beteiligten vor einem Heiratsnotariat in Teheran die Ehe. Urkundlich wurde, von beiden unterzeichnet, eine Morgengabe von (einem Band des heiligen Koran, einem Spiegel und einem Paar Kerzenständern sowie) 414 Goldmünzen der Sorte Bahaar-Azadi vereinbart. Die Antragstellerin war im Iran bereits einmal verheiratet; auf die Morgengabe von 214 Goldmünzen hatte sie bei der Scheidung im Oktober 2008 verzichtet. Im September 2009 übersiedelte sie, wie beabsichtigt, zum Antragsgegner nach Deutschland.

Anfang 2013 trennten sich die Beteiligten. Im Oktober 2013 verlangte die Antragstellerin, die mit der am 02.07.2010 geborenen gemeinsamen Tochter S weiterhin in dem vom Antragsgegner 2004 zu Alleineigentum erworbenen Einfamilienhaus (Reihenhaus) in K lebt, die Aushändigung der Goldmünzen. Im Januar 2014 leitete sie das vorliegende Verfahren ein. Ende März 2014 trat der Antragsgegner nach halbjähriger Arbeitslosigkeit eine neue Arbeitsstelle als Systemadministrator in G an. Im Juni (zugestellt im August) 2014 beantragte die Antragstellerin die Scheidung. Seit dem 02.03.2015 sind die Beteiligten rechtskräftig geschieden (301 F 192/14 AG Köln).

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen zu übergeben bzw. nach fruchtlosem Ablauf einer dreiwöchigen Frist ab Rechtskraft zur Erfüllung dieser Verpflichtung an die Antragstellerin 94.338,18 EUR nebst Zinsen zu zahlen, was dem Wert der Münzen zum 15.10.2013 entspricht.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er meint, die Einbeziehung der Morgengabe in das deutsche Recht führe dazu, dass die Antragstellerin hinsichtlich der Scheidungsfolgen ungerechtfertigt bereichert, er selbst - obwohl deutscher Staatsangehöriger - dagegen gleichheitswidrig benachteiligt werde. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Antragstellerin nach iranischem Recht keine Morgengabe zustehe, weil sie die Scheidung beantragt habe.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit sorgfältiger Begründung, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt, hat das Familiengericht den verfahrensgegenständlichen Anspruch nach deutschem Sachrecht beurteilt und den Antragsgegner zur Übergabe der versprochenen 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen sowie für den Fall des fruchtlosem Ablaufs der antragsgemäß gesetzten Erfüllungsfrist zum Schadensersatz (§§ 280, 281 BGB, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, §§ 255, 259, 260 ZPO) verpflichtet. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus dem gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten in L (§§ 98 Abs. 1 Nr. 2, 105, 267 FamFG, § 13 ZPO).

2. Die von der Antragstellerin verlangte Entrichtung einer im Iran vereinbarten Morgengabe unterliegt - wie vom Familiengericht richtig ausgeführt - deutschem Sachrecht.

a) Das tief im islamischen Recht verwurzelte Rechtsinstitut der Morgen- oder Brautgabe ist ko...

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