Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Mehrkosten bei Erlass eines Versäumnisurteils.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 344; RVG § 15 Abs. 3; RVG-VV Nr. 3104 f.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 22.07.2008; Aktenzeichen 37 O 33/07)

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim LG Köln vom 22.7.2008 - 37 O 33/07 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Vergleichs vor der 37. Zivilkammer des LG Köln vom 27.2.2008 sind von der Klägerin 461,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 20.5.2008 an den Beklagten zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: bis 300 EUR.

 

Gründe

I. Da die Klägerin im Termin nicht ordnungsgemäß vertreten war, erging klageabweisendes Versäumnisurteil. In der Einspruchschrift reduzierte die Klägerin ihre Klageforderung um ¼ auf 7.500 EUR. Am 17.8.2007 erschienen die Parteien bei Gericht, ohne dass zuvor ein neuer Termin zur Verkündung - auch über den Einspruch - anberaumt worden war. Unter Verzicht auf die Einhaltung jeglicher Fristen schlossen sie dort einen Vergleich auf Widerruf, der jedoch von dem Beklagten kurze Zeit später widerrufen wurde. Einige Zeit später schlossen sie jedoch außergerichtlich einen Vergleich, der vom LG gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde. Danach hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3 und die Kosten der Säumnis voll zu tragen, der Beklagte das restliche Drittel.

Zur Festsetzung angemeldet hat der Kläger u.a. eine 1,2-Terminsgebühr nach einem Streitwert von 7.500 EUR i.H.v. 494,40 EUR plus Mehrwertsteuer = 588,46 EUR, der Beklagte abweichend eine 0,5-Terminsgebühr nach einem Streitwert von 10.000 EUR (243 EUR+Mehrwertsteuer = 289,17 EUR) sowie ebenfalls eine 1,2-Terminsgebühr nach einem solchen von 7.500 EUR (588,46 EUR).

Der Rechtspfleger hat bezüglich der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten (angebliche) Mehrkosten der Säumnis berechnet und ist so zu einem Erstattungsbetrag zugunsten des Beklagten i.H.v. 658,43 EUR gelangt, den er festgesetzt hat.

In ihrer Rechtsmittelschrift rügt die Klägerin, es bestehe für die in Ansatz gebrachten Kosten der Säumnis keine Grundlage. Der Beklagte verteidigt die Kostenfestsetzung. Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst Erfolg.

Die Festsetzung durch den Rechtspfleger ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft erfolgt.

1. Es sind aufgrund der Säumnis der Klägerin im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung keine Mehrkosten entstanden, die von § 344 ZPO erfasst würden. Ob solche tatsächlich angefallen sind, ist erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden. Der diesbezüglich in der Kostengrundentscheidung vom Gericht der Hauptsache vorzunehmende Ausspruch stellt kein Indiz für das Entstandensein von Mehrkosten dar (Zöller/Herget, ZPO, 26. Auf., § 344 Rz. 2). Entgegen dem Wortlaut der Norm sind durch die Säumnis verursachte Mehrkosten nicht die in dem Termin entstanden, in der eine Partei säumig geblieben ist, da diese auch bei deren Erscheinen entstanden wären, sondern allein solche Kosten, die entstanden sind, weil ein weiterer Termin hat stattfinden müssen (Habel NJW 1997, 2357, 2358).

Dies vorausgeschickt gilt Folgendes:

Was die außergerichtlichen Kosten angeht, so wirkt sich die Regelung des § 344 ZPO im vorliegenden Fall nicht aus.

Diese waren nach einem Gegenstandswert von 10.000 EUR bereits durch die Einreichung der Klage gem. § 6 GKG fällig geworden, und zwar dreifach nach Nr. 1210 KV-GKG. Weder durch die Reduzierung der Klageforderung noch durch den später nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich sind insoweit Mehrkosten entstanden.

Selbiges gilt bezüglich der außergerichtlichen Kosten.

Wenn auch - wie sogleich auszuführen sein wird - die ursprünglich aufgrund des ersten Termins angefallenen 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV nach einem Streitwert von 10.000 EUR zu einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV erstarkt ist, so handelt es sich, da im RVG eine dem § 38 BRAGO entsprechende Regelung fehlt, nicht um Mehrkosten (Zöller/Herget, a.a.O.). Denn die erstgenannte Gebühr geht in der letztgenannten auf (Hünnekes Rpfleger 2004, 445, 451).

Der Kostenfestsetzung ist eine 1,2-Teminsgebühr nach einem Streitwert von 10.000 EUR zugrunde zu legen. Kommt es zum Einspruchstermin, dann erstarkt die ursprüngliche 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV zu einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV. Da es sich um eine einzige Angelegenheit handelt, fällt keine weitere Terminsgebühr an, sondern die zunächst angefallene erhöht sich gem. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl., Nr. 3105, Rz. 33; Onderka/N. Schneider, Anm. Bl. 2006, 642, 645, B...

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