Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH im Scheidungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt auch bei Scheidungsverfahren voraus, dass im Zeitpunkt der PKH-Entscheidung die erforderliche Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung besteht. Deshalb kann – außer bei Härtefallgründen – vor Ablauf des Trennungsjahres Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht gewährt werden.

 

Verfahrensgang

AG Düren (Beschluss vom 15.09.2003; Aktenzeichen 24 F 321/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss des AG – FamG – Düren vom 15.9.2003 (24 F 321/03) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch i.Ü. zulässige, insb. fristgerecht innerhalb der Notfrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.

Das AG hat in dem angefochtenen Beschluss die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht des Scheidungsantrags zu Recht verneint, weil das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist. Denn vor dessen Ablauf greift die gesetzliche Vermutung für das Scheitern der Ehe selbst dann nicht, wenn der Ehepartner ebenfalls geschieden werden will (§ 1565 Abs. 1 BGB).

Etwas anderes gilt auch nicht unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin angeführten Umstandes, dass die Vorbereitung des Versorgungsausgleichs erfahrungsgemäß mehr als drei Monate in Anspruch nehme und wegen des schon am 28.12.2002 ablaufenden Trennungsjahres im Zeitpunkt des voraussichtlichen Scheidungstermins die gesetzlichen Voraussetzungen jedenfalls gegeben seien.

Diese Betrachtungsweise setzt voraus, dass die Parteien bis zum Ablauf des Scheidungsjahres weiterhin getrennt leben. Dies ist jedoch keineswegs sicher. Aus der Sicht des Gesetzgebers ist das Trennungsjahr eine Prüfungszeit, in der den Parteien Gelegenheit gegeben werden soll, ihre Scheidungsabsicht in räumlicher und örtlicher Distanz in Ruhe noch einmal zu überlegen. Soll dieser Zweck gewahrt bleiben, darf die Erfolgsaussicht des Scheidungsantrags nicht vor Ablauf des Trennungsjahres angenommen werden.

Es kommt hinzu, dass selbst nach Ablauf des Trennungsjahres die Darlegungslast des Antragsstellers für den Scheidungsantrag auch dann eine ganz andere wäre, wenn der Ehepartner der Scheidung nicht mehr zustimmt. Dann könnte sich nämlich der die Scheidung begehrende Antragsteller nicht mehr auf die Zerrüttungsvermutung des § 1565 Abs. 1 BGB berufen, sondern müsste substantiiert diejenigen Tatsachen darlegen, aus denen sich ergibt, dass eine unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses eingetreten ist und die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entspr. Gemeinschaft nicht erwartet werden kann (OLG Köln v. 7.4.1995 – 25 WF 67/95, FamRZ 1995, 1503). Ob der Antragsgegner bei Ablauf des Trennungsjahres dem Scheidungsbegehren der Antragstellerin noch zustimmen wird, ist ebenfalls derzeit nicht gewiss.

Auch in Scheidungsverfahren setzt die Gewährung von Prozesskostenhilfe voraus, dass auf der Grundlage der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung besteht. Deshalb kommt – außer bei Härtefallgründen- vor Ablauf des Trennungsjahres Prozesskostenhilfegewährung grundsätzlich nicht in Betracht (Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1565 Rz. 13 a.E.), da andernfalls ein künftiger Sachverhalt unterstellt werden müsste, dessen Eintritt nicht hinreichend sicher ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1112454

FamRZ 2004, 1117

OLGR Köln 2004, 52

JWO-FamR 2004, 17

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