Leitsatz (amtlich)

1. Eine Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG ist grundsätzlich nur statthaft gegen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach dem FamFG. Eine solche liegt vor, wenn sie ein auf Antrag oder ein von Amts wegen, eingeleitetes Verfahren insgesamt erledigt oder seine Anhängigkeit hinsichtlich eines einer selbstständigen Erledigung zugänglichen Teils des Verfahrensgegenstandes beendet.

2. Ein rechtlicher Hinweis des Rechtspflegers, dass und aus welchen Gründen einem Akteneinsichtsgesuch nicht entsprochen werden könne, ist nicht gem. § 58 Abs. 1 FamFG anfechtbar.

3. Ein Recht auf Akteneinsicht gem. § 13 Abs. 2 FamFG für nicht am Verfahren beteiligte Personen hängt von der Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses ab, dem schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder Dritter nicht entgegenstehen dürfen.

4. Für die Annahme eines berechtigten Interesses i.S.v. § 13 Abs. 2 S. 1 FamFG genügt jedes vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art. Befindet sich der Einsichtssuchende jedoch bereits im Besitz aller notwendigen Informationen und ist nicht ersichtlich, dass die Einsicht zu weiteren Erkenntnissen führen könnte, fehlt insoweit das berechtigte Interesse.

 

Verfahrensgang

AG Königswinter (Aktenzeichen 30 VI 455/15)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 05.08.2020 gegen die Verfügung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Königswinter vom 28.07.2020, 30 VI 455/15, wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.

 

Gründe

I. Durch Beschluss vom 30.09.2015 hat das Nachlassgericht Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 2) zum Nachlasspfleger mit den Wirkungskreisen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und der Ermittlung der Erben bestellt (BI. 1 f. d.A.). Durch Beschluss vom 07.12.2018 hat das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft aufgehoben (BI. 113 f. d.A.).

Mit Schriftsatz vom 16.07.2020 hat der Beteiligte zu 1) Akteneinsicht beantragt (BI. 118 ff. d.A.). Er hat vorgetragen, dass er von Frau R. beauftragt worden sei, die Immobilie des Erblassers zu erwerben. Hierzu sei es aber nicht gekommen, weil die Mutter von R. die Immobilie erworben habe. Frau R. sei nicht bereit, seine Honorarforderung zu begleichen und werde nun vom Beteiligten zu 2) anwaltlich vertreten. Dieser habe als Vertreter von Frau N. im Honorarprozess mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet mit der Begründung, ihm, dem Beteiligten zu 1), sei ein Anwaltsverschulden vorzuwerfen, weil er, der Beteiligte zu 1), die Stellung und Funktion des Beteiligten zu 2) im Nachlasspflegschaftsverfahren missverstanden habe. Er, der Beteiligte zu 1), habe daher ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht. Es liege ein Fall von Parteiverrat im Sinne von § 356 StGB vor. Als Nachlasspfleger sei der Beteiligte zu 2) zunächst "Gegner" von Frau N . gewesen. Nun vertrete er sie als Mandantin. Es bestehe im Honorarprozess daher ein Interessenwiderstreit zu seiner vormaligen Stellung als Nachlasspfleger. Gegen seine Behauptung, er sei nur Nachlasspfleger gewesen, spreche, dass die Bestellungsurkunde auf "Rechtsanwalt R. G." laute. Es sei daher von Interesse, ob er bei seiner Abrechnung der Nachlasspflegervergütung auf seine besondere Qualifikation als Rechtsanwalt verwiesen und diese Stellung daher für sich reklamiert habe.

Durch Verfügung vom 28.07.2020 hat die Rechtspflegerin dem Beteiligten zu 1) mitgeteilt, dass "ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Akteneinsicht nicht vorliege, so dass dem Gesuch nicht entsprochen werden" könne (BI. 132 d.A.).

Gegen diese Verfügung hat der Beteiligte zu 1) mit am 06.08.2020 beim Amtsgericht Königswinter eingegangenen Schriftsatz vom 05.08.2020, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt (BI. 134 ff. d.A.).

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat der Beschwerde durch Beschluss vom 10.09.2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (BI. 184 f. d.A.).

II. Die Beschwerde ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG ist grundsätzlich nur statthaft gegen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach dem FamFG. Eine Endentscheidung liegt vor, wenn sie ein auf Antrag oder ein von Amtswegen eingeleitetes Verfahren insgesamt erledigt oder seine Anhängigkeit hinsichtlich eines einer selbständigen Erledigung zugänglichen Teils des Verfahrensgegenstands beendet (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 58 Rn. 16 m.w.N.). Bei der angefochtenen Verfügung vom 28.07.2020 handelt es sich indes nicht um eine Endentscheidung in diesem Sinne, sondern um einen bloßen rechtlichen Hinweis. Denn die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat den Antrag auf Akteneinsicht weder zurückgewiesen oder abgelehnt, sondern nur darauf hingewiesen, aus welchen Gründen dem Antrag nicht entsprochen werden könne. E...

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