Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Antrag auf Restschuldbefreiung. Vorlage einer Abtretungserklärung bis zum Berichtstermin. Beschluss des Rechtspflegers den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung zurückzuweisen. Zuständigkeit des Rechtspflegers. Kein Richtervorbehalt. Unterbliebener Hinweis des Gerichts unerheblich. Keine Fristverlängerung. Übermittlung eines Merkblatts. Ordnungsgemäße Zustellung des Eröffnungsbeschlusses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und gleichzeitig Restschuldbefreiung beantragt, die erforderliche Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 S. 1 aber nicht beigefügt und auch nicht spätestens bis zum Berichtstermin vorgelegt, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

2. Bei einem unzulässigen Antrag ist eine Entscheidung des Insolvenzgerichts bereits vor dem Schlusstermin zulässig und in der Regel auch geboten, weil es sich um eine von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvoraussetzung handelt, über die in jeder Lage des Verfahrens eine Entscheidung ergehen kann.

3. Für die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung wegen fehlender Abtretungserklärung ist der Rechtspfleger des Insolvenzgerichts zuständig, da es sich um einen formellen Mangel handelt. Der Richtervorbehalt wird nicht berührt.

4. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Restschuldbefreiung kann auch durch Übermittlung eines Merkblatts an den Schuldner erteilt werden, den Verfahrensbevollmächtigten muss die gesetzliche Regelung des § 287 InsO bekannt sein.

 

Normenkette

InsO § 287 Abs. 1, 2 S. 1, §§ 4, 30 Abs. 2, § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 156; ZPO §§ 296, 139; GG Art. 103 Abs. 1, Art. 92; RPflG § 18 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 9 T 592/00)

AG Dortmund (Aktenzeichen 255 IN 41/99)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 5. September 2000 gegen den Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 31. Juli 2000 – 9 T 592/00 – wird zugelassen.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Schuldner zu tragen.

 

Gründe

I.

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 8. März 1999 hat der Schuldner bei dem Amtsgericht Wuppertal die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt. Zugleich hat er den Antrag auf Restschuldbefreiung gemäß § 287 InsO gestellt. Eine Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO war diesem Antrag nicht beigefügt.

Durch Beschluß vom 18. März 1999 hat sich das Amtsgericht Wuppertal für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht Dortmund verwiesen. Mit Beschluß vom 8. Juni 1999 hat das Amtsgericht Dortmund das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, den Beteiligten zu 2) zum Insolvenzverwalter ernannt und Termin zur Gläubigerversammlung, in der auf der Grundlage eines Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Verfahrens beschlossen wird (Berichtstermin) auf den 30. Juli 1999 bestimmt. Der Eröffnungsbeschluß ist dem Schuldner selbst am 11. Juni 1999 und seinen Verfahrensbevollmächtigten am 14. Juni 1999 zugestellt worden. Dem Schuldner selbst, nicht aber seinen Verfahrensbevollmächtigten ist mit der Zustellung des Eröffnungsbeschlusses auch ein Merkblatt „Restschuldbefreiung” zugestellt worden.

In seinem zur Versammlung am 30. Juli 1999 erstellten, bei dem Insolvenzgericht am 23. Juli 1999 eingegangenen Bericht vom 22. Juli 1999 hat der Insolvenzverwalter u.a. ausgeführt, der Schuldner habe einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, dem Antrag aber die nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erforderliche Abtretungserklärung nicht beigefügt. Am Berichtstermin am 30. Juli 1999 haben der Schuldner und seine Verfahrensbevollmächtigten nicht teilgenommen.

Mit Verfügung vom 3. April 2000 hat der Rechtspfleger des Insolvenzgerichts gegenüber den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners und gegenüber dem Schuldner selbst im Hinblick darauf, daß die Erklärung nach § 287 Abs. 2 InsO bis zum Berichtstermin nicht vorgelegt worden war, angeregt, den Antrag auf Restschuldbefreiung zurückzunehmen. Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18. April 2000 hat der Schuldner eine undatierte Erklärung zur Akte gereicht, derzufolge er für die Dauer von sieben Jahren ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens den jeweils pfändbaren Teil seines Einkommens an einen vom Gericht zu benennenden Treuhänder abtrete, und zugleich wegen der Versäumung der Frist zur Vorlage der Abtretungserklärung um Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachgesucht.

Durch Beschluß vom 27. April 2000, der den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners am 2. Mai 2000 zugestellt worden ist, hat der Rechtspfleger des Insolvenzgerichts den Antrag des Schuldners vom 8. März 2000 auf Erteilung der Restschuldbefreiung gemäß § 287 InsO mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, daß bis zum 30. Juli 1999 ein vollständiger Antrag nicht vorgelegt worden sei. Zugleich hat der Rechtspfleger des Am...

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