Leitsatz (amtlich)

1. Im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich muss sich ein ausgleichsberechtigter Ehegatte eine fiktive Versorgung, die er vorwerfbar nicht erlangt hat, aber hätte durch zweckentsprechende Verwendung des Vorsorgeunterhalts erlangen können, anrechnen lassen. Das betrifft indes regelmäßig nur solche Versorgungen, die in der versorgungsrechtlichen Ehezeit hätten erlangt werden können, weil nur diese Versorgungen dem Versorgungsausgleich unterliegen.

2. Ein – u.U. teilweiser – Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587h Nr. 1 BGB kommt nur bei einem groben Ungleichgewicht der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht.

 

Normenkette

BGB §§ 1587g, 1587h

 

Verfahrensgang

AG Bergisch Gladbach (Aktenzeichen 27 F 124/97)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 26.10.1998 wird – unter Zurückweisung seines Rechtsmittels im Übrigen – der am 11.9.1998 verkündete Beschluss des AG – FamG – Bergisch Gladbach – 27 F 124/97 – teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin ab April 1997 eine monatlich im Voraus fällige Ausgleichsrente von 4.149,29 DM zu zahlen.

Der Gegenantrag des Antragsgegners gerichtet auf Auskunfterteilung und Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt der Antragsgegner.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig, auch in Bezug auf die – zwar aus dem Tenor nicht ersichtliche, sich gleichwohl aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses ergebende – Abweisung des Gegenantrags auf Auskunft.

2. In Bezug auf die zuzuerkennende Ausgleichsrente ist das Rechtsmittel zu einem geringen Teil auch begründet. Die Antragstellerin hat Anspruch aus dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach den §§ 1587f, 1587g BGB auf eine Versorgungsrente in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang.

a) Die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ist nicht vertraglich ausgeschlossen. Soweit der Antragsgegner geltend macht, die Parteien hätten im Rahmen der „ersten” Ehescheidung „die versorgungsausgleichsrechtliche Situation geregelt”, trifft dies – wie schon das AG zu Recht festgestellt hat – nicht zu. In dem notariellen Ehevertrag aus dem Jahr 1983 (S. 2 = Bl. 181 d.A.) heißt es ausdrücklich, der Versorgungsausgleich für den Fall der Scheidung solle nicht ausgeschlossen werden. Das bedeutet nichts anderes, als dass er anlässlich der Scheidung noch geregelt werden musste. Die Lebensversicherung ist zum Ausgleich des Zugewinns übertragen worden (vgl. OLG Köln, Urt. v. 7.11.1998 – 12 U 94/88, Bl. 191f, Bl. 192/193d. A.) und daher beim Versorgungsausgleich nicht berücksichtigungsfähig.

b) Im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach den §§ 1587f ff BGB hat der Ehegatte, dessen auszugleichende Versorgung diejenige des anderen übersteigt, diesem als Ausgleich eine Geldrente (Ausgleichsrente) i.H.d. Hälfte des übersteigenden Betrags zu entrichten (§ 1587g Abs. 1 BGB). Neben den auszugleichenden Versorgungen, die bereits das AG bei seiner entsprechenden Berechnung berücksichtigt hat, muss sich allerdings hier die Antragstellerin eine zusätzliche fiktive Versorgung, die sie zwar nicht erlangt hat, aber hätte erlangen können, anrechnen lassen. Sie hat sich in Bezug auf den bis zum Ende der Ehezeit (nach § 1587 Abs. 2 BGB 28.2.1985) von dem Antragsgegner gezahlten Vorsorgeunterhalt so behandeln zu lassen, als ob sie die laufenden Beträge zweckentsprechend für die Altersversorgung durch Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung verwendet hätte und hieraus eine Rente erhielte. Nach § 1587h Nr. 2 BGB besteht nämlich ein Ausgleichsanspruch gemäß § 1587g BGB nicht, soweit der Berechtigte in Erwartung der Scheidung oder nach der Scheidung durch Handeln oder Unterlassen bewirkt hat, dass ihm eine Versorgung, die nach § 1587 BGB auszugleichen wäre, nicht gewährt wird. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall insoweit erfüllt, als die Antragstellerin den von dem Antragsgegner bis zum Ehezeitende gezahlten Vorsorgeunterhalt nicht für die Altersvorsorge verwendet hat und das mit der Folge, dass sie eine hieraus erwachsende, im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichende zusätzliche Versorgung nicht erworben hat.

aa) Mit dem Vorsorgeunterhalt soll dem unterhaltsberechtigten Ehegatten die Möglichkeit verschafft werden, seine Altersversorgung im Wege der freiwilligen Weiterversicherung zu erhöhen. Er unterliegt der besonderen Zweckbindung, die Altersversorgung des Berechtigten zu gewährleisten und zugleich den Verpflichteten nach Eintritt des Versicherungsfalls unterhaltsrechtlich zu entlasten (vgl. Wendl/Staudigl, 5. Aufl., Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 4 Rz. 463 m.w.N.). Der BGH hat – in zum Unterhaltsrecht ergangenen Entscheidungen – ausgesprochen (vgl. BGH v. 25.3.1987 – IVb ZR 32/86, MDR 1987, 826 = NJW 1987, 2229...

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