Leitsatz (amtlich)

1. Gegen einen Feststellungsbeschluss nach § 1964 BGB steht dem Fiskus die Beschwerde nach §§ 58ff. FamFG zu, die binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses einzulegen ist.

2. Wird ein Rechtsmittel von einer Behörde eingelegt und fällt die angefochtene Entscheidung in ihren Aufgabenbereich, kann davon ausgegangen werden, dass eine unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung für eine Versäumung der Beschwerdefrist nicht kausal war. In diesem Fall ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht schon aufgrund der Vermutung des § 17 Abs. 2 FamFG zu gewähren.

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Entscheidung vom 18.02.2011; Aktenzeichen 48 VI 160/2010)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 23.11.2011; Aktenzeichen IV ZB 15/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 18. Februar 2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 15. Oktober 2010 - 41 VI 160/2010 - wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Abänderung des vorgenannten Beschlusses des Amtsgerichts nach § 48 Abs. 1 FamFG wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Zwischen dem 28. März 2010 und dem 29. März 2010 verstarb in F. Herr N. H. O. (im Folgenden: Erblasser) ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Der Erblasser war zum Todeszeitpunkt verheiratet. Als Verwandte sind seine Mutter und sein Bruder, der Beschwerdegegner, bekannt. Die Ehefrau schlug die Erbschaft durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht vom 29. April 2010 aus, die Mutter durch Erklärung vom 6. Mai 2010. Der Beschwerdegegner, der auch bereits zum Zeitpunkt des Todesfalles seinen Wohnsitz auf N. hatte, erklärte die Ausschlagung der Erbschaft durch notariell beglaubigte Erklärung vom 17. September 2010, beim Nachlassgericht eingegangen am 21. September 2010. Wo sich der Beschwerdegegner bei Beginn der Ausschlagungsfrist nach § 1944 Abs. 2 BGB aufhielt, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Das Nachlassgericht sah von einer Ermittlung weiterer gesetzlicher Erben und von einer öffentlichen Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten ab und stellte durch Beschluss vom 22. September 2010 nach § 1964 BGB das Fiskuserbrecht fest. Der Beschluss enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Er wurde der Bezirksregierung Köln am 24. September 2010 zugestellt.

Mit einem am 21. Dezember 2010 bei dem Nachlassgericht eingegangenen Schriftsatz legte die Bezirksregierung Beschwerde gegen den Feststellungsbeschluss ein mit der Begründung, der Bruder des Erblassers habe die Erbschaft nicht rechtzeitig ausgeschlagen und die Erbschaft schon vor Aufnahme der Ausschlagungserklärung angenommen. Der Beschwerdegegner habe sich unmittelbar nach Kenntnis vom Tod seines Bruders nach Deutschland begeben und hier davon erfahren, dass mangels einer Verfügung von Todes wegen die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Zu Beginn der Beschwerdefrist habe sich der Beschwerdegegner daher in Deutschland aufgehalten, so dass die Ausschlagungsfrist nur 6 Wochen betragen habe.

Zudem habe der Beschwerdegegner sich Gegenstände aus dem Nachlass angeeignet, der Lebensgefährtin des Erblassers mehrere Gegenstände aus dem Nachlass übergeben, mit Gläubigern des Erblassers über einen Forderungserlass verhandelt und einen Makler mit dem Verkauf des Hausgrundstücks beauftragt, dessen Eigentümer der Erblasser - neben seiner Ehefrau - zu ½-Anteil war. Hieraus ergebe sich, dass der Beschwerdegegner die Erbschaft angenommen habe.

Der Beschwerdegegner tritt diesem Vorbringen entgegen. Er habe noch zu Lebzeiten des Erblassers mit ihm über die möglichen Folgen einer Trennung und Scheidung von seiner Ehefrau gesprochen. In diesem Zusammenhang habe der Erblasser erwähnt, ein Testament nicht errichtet zu haben. Daher habe er bereits bei Kenntnis vom Tod des Erblassers zugleich auch die Kenntnis bzw. begründete Vermutung gehabt, dass gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich auf N. aufgehalten. Er habe auch die Erbschaft nicht zuvor durch tatsächliche Handlungen angenommen. Aus dem Nachlass habe er lediglich den - wertlosen - Computer an sich genommen. Die darauf gespeicherten Daten seien für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes der O. Elektro GmbH erforderlich gewesen, die nach dem Tod seines Bruders von seiner Mutter geführt werde. Den Makler habe er im Auftrag seiner Mutter, nicht aber auf eigene Rechnung beauftragt. Er habe weder mit Nachlassgläubigern verhandelt noch sich auf andere Weise jemals als Erbe ausgegeben.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30. Mai 2011 der Beschwerde nicht abgeholfen. Zwar sei sie erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingelegt, aber “in Anlehnung an § 18 FGG„ sei eine rechtzeitige Beschwerde zu bejahen, da durch die Reform nicht beabsichtigt gewesen sei, dem Feststellungsbeschluss eine stärkere Wirkung zuzubilligen als bisher. Die Beschwer...

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