Leitsatz (amtlich)

1.. Bewährungsauflagen müssen klar, bestimmt und in ihrer Einhaltung überprüfbar sein. Das Gericht darf sich nicht darauf beschränken, nur den Umfang der gemeinnützigen Leistungen festzulegen. Vielmehr muss in der Auflage auch die Zeit, innerhalb derer die Arbeitsleistung zu erfüllen ist, die Art und nach Möglichkeit auch der Ort dieser Arbeitsleistung und die Institution, bei der sie abzuleisten ist, niedergelegt werden.

2.. Bei einer Arbeitsauflage (hier: 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit im Monat bis zum Ende der Bewährungszeit) kann unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ein Urlaubsanspruch zu berücksichtigen sein

 

Tenor

  • Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über eine Änderung der Bewährungsauflage im Beschluss der Kammer vom 25.4.2008 an das Landgericht K. - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahren - zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:

I.

"Mit nach Verwerfung der Revision seit dem 21.05.2009 rechtskräftigem Urteil vom 25.04.2008 hat die 6. große Strafkammer des Landgerichts K. - gegen den 1949 geborenen, vormals als Notar tätigen Verurteilten wegen Untreue im Zusammenhang mit der Abwicklung eines von ihm beurkundeten Grundstückskaufvertrages eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verhängt. Als Bewährungsauflage hat die Kammer dem Verurteilten unter Nr. 3 unter anderem auferlegt, den bei der D... Versicherung entstandenen Schaden nach besten Kräften wiedergutzumachen. Mit Urteil vom 26.09.2009 hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts D. im Rahmen eines zwischen der D...Versicherung und dem Verurteilten geführten Zivilprozesses die Auffassung vertreten, dass diesem - entgegen dem strafrechtlichen Urteil - lediglich eine fahrlässige Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden kann.

Am 15.10.2009 hat der Verurteilte gegen seine Berufshaftpflichtversicherung Klage auf Zahlung von 1,5 Mio. € erhoben. Damit sollte ein Teil des nach Auffassung der D...Versicherung im zweistelligen Millionenbereich liegenden Schadens ausgeglichen werden. Den Gerichtskostenvorschuss in Höhe von ca. 16.000,00 € musste der nicht über ausreichende Liquidität verfügende Verurteilte sich von seiner Ehefrau darlehensweise zur Verfügung stellen lassen .

Auf einen ihm dies aufgebenden Beschluss des Landgerichts K. vom 25.11.2009 hin legte der Verurteilte seine derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse dar . Er habe bislang keine Zahlungen an die D...Versicherung leisten können, da er abgesehen von einer Mieteinnahme für eine ihm gehörende Eigentumswohnung, die unter Berücksichtigung zu zahlenden Wohngeldes 391,00 € betrage, über kein eigenes Einkommen verfüge. Er lebe von der Unterstützung seiner Ehefrau. Nach am 24.07.2008 erfolgter Freigabe von seitens der Staatsanwaltschaft arrestierten und gepfändeten Vermögens habe er einen Betrag in Höhe von 420.000,00 € an seine erste Ehefrau zum Zwecke der Tilgung einer bei dieser bestehenden Darlehensrückzahlungsverpflichtung überwiesen. Mit dem Erlös aus dem Verkauf einer Schiffsbeteiligung in Höhe von 50.000,00 € habe er einen Sollsaldo auf einem Konto bei der Stadtsparkasse ausgeglichen. Er habe - über die Verbindlichkeiten gegenüber der D...Versicherung hinaus - Schulden in Höhe von ca. 179.000,00 €.

Mit Beschluss vom 23.08.2010 hat die 6. große Strafkammer des Landgerichts den Bewährungsbeschluss vom 25.04.2008 hinsichtlich der Auflage zur Schadenswiedergutmachung dahingehend abgeändert, dass der Verurteilte statt zur Schadenswiedergutmachung verpflichtet ist, bis zum Ablauf der Bewährungszeit monatlich 100 Sozialstunden abzuleisten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 30.08.2010, ergänzt mit Verteidigerschriftsatz vom 14.10.2010.

Mit Beschluss vom 18.10.2010 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen. Hierin hat das Gericht unter anderem ergänzend ausgeführt, dass es dem Verurteilten bewusst aus Gründen der Verhältnismäßigkeit freigestellt habe, sich selbst eine Arbeitsstelle für die Ableistung gemeinnütziger Arbeit zu suchen, die seinem gesundheitlichen Zustand und seiner Qualifikation entspricht, zu suchen. Die erteilte Auflage sei unter Berücksichtigung dieses Umstandes nicht zu unbestimmt. Sollte es dem Verurteilten nicht gelingen, eine Einsatzstelle zu finden oder die Einteilung der 100 Stunden auf den Monat vorzunehmen, bitte es um Mitteilung, damit er durch einen Bewährungshelfer bei der Organisation der Ableistung der Sozialstunden unterstützt werden könne .

II.

Die gemäß § 453 Abs. 2 Satz 1 StPO statthafte und auch im Übrigen unter Berücksichtigung des § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO zulässige Beschwerde ist begründet.

1.

Nach § 56e StGB kann das Gericht Entscheidungen nach § 56b StGB nachträglich ändern. Die nachträgliche Änderung steht im Ermessen des Gerichts. Sie kommt dann in Betracht, wenn sich die objektive Situation geändert hat sowie wenn das Gericht von bestehenden Umständen erst...

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