Leitsatz (amtlich)

Vertritt ein Rechtsanwalt in einem Regressprozess die Beklagte zu 1), obwohl er selbst als Beklagter zu 2) Prozesspartei ist, dann können die beiden beklagten Parteien nicht die Kosten für zwei separate Rechtsanwälte erstattet verlangen, selbst wenn ein Interessenkonflikt nicht auszuschließen ist.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 25.03.2010; Aktenzeichen 24 O 514/09)

 

Tenor

Auf die sofortigen Beschwerden des Klägers werden die Kostenfestsetzungsbeschlüsse I und II des Rechtspflegers beim LG Köln vom 25.3.2010 - Az. jeweils: 24 O 514/09 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Kostenfestsetzungsbeschluss I:

Aufgrund des Urteils des LG Köln vom 11.2.2010 sind vom Kläger an den Beklagten zu 1) 1.274,73 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17.2.2010 zu erstatten.

Kostenfestsetzungsbeschluss II:

Aufgrund des Urteils des LG Köln vom 11.2.2010 sind vom Kläger an den Beklagten zu 2) 1.071,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 19.3.2010 zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens 17 W 107/10 trägt der Beklagte zu 1); diejenigen für das Beschwerdeverfahren 17 W 108/10 der Beklagte zu 2).

Gegenstandswerte für die Beschwerdeverfahren:

  • 17 W 107/10 -: 2.278,85 EUR - 1.274,73 EUR = 1.004,12 EUR
  • 17 W 108/10 -: 1.915 EUR - 1.071,20 EUR = 843,80 EUR.
 

Gründe

I. Der Kläger nahm die beiden Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadenersatz in Anspruch wegen unrichtiger Rechtsberatung. Der Beklagte zu 2), von Beruf Rechtsanwalt, ist zugleich Vorstand des Beklagten zu 1). Die Beratung wurde vom Beklagten zu 2) für die Beklagte zu 1) durchgeführt. In Klageverfahren ließen sich die beiden Beklagten durch unterschiedliche Anwälte vertreten. Dabei vertrat der Beklagte zu 2) die Beklagte zu 1). Seinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) leitete der Kläger aus dem geschlossenen Vertrag ab; denjenigen gegen den Beklagten zu 2) stützte er auf einen Vertrag zugunsten Dritter bzw. einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Die Klage blieb erfolglos.

Der Rechtspfleger hat antragsgemäß die Kosten für zwei Rechtsanwälte festgesetzt. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seinem Rechtsmittel. Er ist der Auffassung, die beiden Beklagten seien ausnahmsweise gehalten gewesen, sich von einem gemeinsamen Anwalt vertreten zu lassen. Ihr Vorgehen sei als rechtsmissbräuchlich einzustufen, da ein vernünftiger Grund für die Vorgehensweise der beiden Beklagten nicht ersichtlich sei.

Der Beklagte zu 1) trägt vor, dass er im Falle einer Verurteilung Regress beim Beklagten zu 2) genommen hätte. Wegen dieser Möglichkeit habe der Vorstand des Beklagten zu 1) den Beklagten zu 2) aufgefordert, für sich eine unabhängige und eigenständige Rechtsvertretung zu sorgen.

Der Beklagte zu 2) verweist darauf, dass sich die mögliche Haftung des Beklagten zu 1) aus § 31 BGB ergebe, während sich der Kläger in Bezug auf seine Person auf ganz andere Anspruchsgrundlagen gestützt habe. Gerade auch weil ihm ein Regress seitens des Beklagten zu 1) gedroht habe für den Fall der Verurteilung, habe ihm seine Haftpflichtversicherung Deckungszusage erteilt.

Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG unbedenklich statthaften und auch ansonsten zulässigen sofortigen Beschwerden haben auch in der Sache selbst vollen Erfolg.

Zu Unrecht hat der Rechtspfleger die Kosten für zwei separate Anwälte als erstattungsfähig angesehen.

1. Grundsätzlich steht es jedem Streitgenossen frei, sich von einem eigenen Rechtsanwalt vertreten zu lassen mit der Folge, dass im Falle des Obsiegens die doppelten Anwaltskosten erstattungsfähig sind (BVerfG NJW 1990, 1224; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rz. 13 "Streitgenossen"). Allerdings vertritt der Senat in ständiger Rechtsprechung (s. nur Beschl. v. 17.6.2008 - 17 W 130/08) die Auffassung, es sei anhand des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen, ob eine interessengerechte Prozessführung auch bei Mandatierung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten möglich und zumutbar gewesen wäre. Dies Einschränkung ergibt sich aus dem Gesetz. Nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO sind nur diejenigen Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Erforderlich ist deshalb ein besonderer sachlicher Grund für die Einschaltung getrennter Rechtsanwälte (BGH NJW-RR 2004, 536; MDR 2007, 1160; AGS 2009, 306 = ZfS 2009, 283).

Werden etwa zwei Rechtsanwälte als Streitgenossen verklagt, die sich sodann selbst vertreten oder sich jeweils durch einen dritten Rechtsanwalt vertreten lassen, so liegt in einem Regressprozess ein sachlicher Grund hierfür jedenfalls dann vor, wenn nur einer der verklagten Rechtsanwälte das Mandat seinerzeit betreut hat und der andere nach Beendigung des Mandates aus der gemeinsamen Sozietät ausgeschieden ist (OLG Köln, Beschl. v. 17.11...

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