Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe eines Nachlassgegenstands. Schadensersatz wegen Unmöglichkeit. Herausgabe eines Nachlassgegenstands. Schadensbemessung des entgangenen Gewinns bei Aktienverkäufen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer Erbrechtsanmaßung durch Einverleibung und anschließende Veräußerung von Aktiendepots haftet der Erbschaftsbesitzer nach den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses auf Herausgabe des Erlangten und Ersatz des entgangenen Gewinns.

 

Normenkette

BGB §§ 252, 989, 2018, 2020, 2023-2024; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 31.07.2006; Aktenzeichen 16 O 68/00)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 31.7.2006 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 7.8.2006, vom 18.8.2006 und vom 11.9.2006 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung der Kläger wird das genannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt gefasst;

Das Versäumnisurteil des LG Koblenz vom 19.4.2000 wird aufrechterhalten, soweit der Beklagte darin verurteilt ist, an die Klägerin zu 1) 1.045.650,34 EUR (2.045.126,04 DM) und an den Kläger zu 2) 994.527 EUR (1.945.126,04 DM) jeweils nebst Zinsen i.H.v. 4 % seit dem 24.5.2000 zu zahlen. Hinsichtlich des weiter gehenden Ausspruchs über die Zinsforderung wird das Versäumnisurteil aufgehoben.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der jeweils beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind aufgrund eines Testaments vom 10.8.1972 nebst Nachtrag vom 13.2.1980 Miterben zu je einem Drittel Anteil am Nachlass der am 13.10.1985 in B. verstorbenen K.E.H., die am 19.12.1906 in C. geboren wurde. Die Kläger sind die Kinder des Beklagten. Die Erblasserin war eine von drei Töchtern des Industriellen S. aus C., der seinerseits ein Vermögen hinterlassen hatte. K.E.H. wiederum hatte vor diesem Hintergrund Vermögen in der damaligen DDR und in der Bundesrepublik Deutschland hinterlassen. Ihr in der DDR belegener Nachlass ist im Wege der Realteilung aufgelöst worden. Im Streit ist in dem vorliegenden Rechtsstreit nur ein Teil des sog. Westvermögens der Erblasserin, wobei sich der Schadensersatzanspruch der Kläger auf die Unmöglichkeit der Herausgabe des auf sie entfallenden Anteils eines Aktiendepots beschränkt, das beim Erbfall einen Kurswert von 1.325.196 DM (677.561,96 EUR) hatte. Für die Wertbemessung im Hinblick auf abzusetzende Nachlassverbindlichkeiten ist aber auch das von der Klage für sich genommen nicht umfasste Barvermögen aus dem Nachlass der K.E.H. von Bedeutung, das nach Abzug von 40 % wegen eines Vermächtnisses immer noch zumindest 191.707 DM umfasst hatte. Hintergrund des Prozesses ist ferner der Erbschaftsstreit nach dem Tode der Großmutter der Kläger und der Mutter des Beklagten, M.I.L., die ihr Vermögen in der Bundesrepublik dem Beklagten, ihr Vermögen in der DDR aber vor dem Hintergrund einer Tätigkeit des Beklagten als "Republikflüchtling" und "Fluchthelfer" den Klägern hinterlassen hatte. Der Beklagte hatte freilich zunächst auch dieses "Ostvermögen" vereinnahmt, weil er, wie er auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat, die Erbeinsetzung der Kläger insoweit als nicht gewollt ansah. Seine Mutter habe den DDR-Nachlass wegen seiner Republikflucht nur "formal" auf die Kläger übertragen wollen; der Sache nach sei seine Erbenstellung gewollt gewesen.

Die Kläger wussten zur Zeit des Erbfalls nach K.E.H. zwar, dass sie Miterben geworden waren; sie kannten aber den Umfang des (West-)Nachlasses, den der Beklagte einmal ggü. DDR-Behörden mit 17.500 DM angegeben hatte, nicht, zumal ein weiterer Erbfall nach dem Tod der Großmutter der Kläger und Mutter des Beklagten vorangegangen war und der Beklagte den Klägern schon das diesbezügliche Testament vorenthalten hatte. Der Beklagte erteilte den Klägern - unbeschadet der Mitteilung einer nicht - weiter erläuterten groben "Aufstellung" von Wertsummen, nicht aber von konkreten Aktienbeständen - über das Depot erst dann nähere Auskunft, als er dazu im Klageweg verurteilt worden und die dann immer noch unvollkommene Auskunft im Vollstreckungsverfahren erzwungen worden war.

Die Erblasserin hatte freilich in ihrer letztwilligen Verfügung nicht nur die Parteien dieses Rechtsstreits zu Erben eingesetzt, sondern auch ein Vermächtnis an ihre nach "Republikflucht" in der DDR enteignete Schwester E.T. angeordnet. Die Parteien schlossen insoweit in einem Vorprozess mit der Vermächtnisnehmerin E.T. bei dem LG Koblenz - 9 O 324/86 - am 25.9.1987 einen Vergleich des Inhalts, dass sie sich dazu verpflichten, der Vermächtnisnehmerin E.T. 40 % des Nachlasses im Wege der Realteilung zu übertragen. Nach dieser Realteilung...

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