Leitsatz (amtlich)

›1. Zur Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau gem. § 1579 Nr. 2 BGB wegen gefährlicher Körperverletzung bei nicht unerheblichem Mitverschulden des Ehemannes und sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen.‹

2. Zur Frage inwiefern ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 Nr. 1 BGB wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 1579 Nr. 2 BGB herabgesetzt werden kann unter Berücksichtigung eines erheblichen Mitverschuldens des Unterhaltsschuldners und sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen.

 

Verfahrensgang

AG Lahnstein (Urteil vom 20.12.1996; Aktenzeichen 5 F 295/92)

 

Gründe

Die Parteien haben am 28. Oktober 1974 die Ehe geschlossen. Durch das Scheidungsverbundurteil vom 20. Dezember 1996 hat das Amtsgericht die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Antragsteller zur Zahlung von Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 2.500 DM bis einschließlich 31. Dezember 1999 verurteilt. Nur gegen letzteres wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; in der Sache führt es, nachdem es in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 1997 teilweise zurückgenommen worden ist, in vollem Umfang zum Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller ab Rechtskraft der Ehescheidung (16. Mai 1997) Anspruch auf nachehelichen Unterhalt aus § 1572 Nr. 1 BGB.

Nach dieser Vorschrift kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt der Scheidung an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen und geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Die Antragsgegnerin ist aufgrund einer schweren reaktiven Depression (vgl. Attest des Facharztes für Neurologie/Psychiatrie Dr. L. vom 2. Mai 1997) sowie wegen einer Skoliose der Wirbelsäule (vgl. Attest des Arztes für Innere Medizin Dr. H. vom 6. Mai 1997) nicht in der Lage, ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbseinkünfte sicherzustellen. Dies wird vom Antragsteller nicht substantiiert bestritten.

Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien (§ 1578 Abs. 1 BGB). Diese waren geprägt durch die unstreitig überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des seit vielen Jahren nicht mehr erwerbstätigen Antragstellers; dieser selbst beziffert das verfügbare monatliche Einkommen mit 16.500,00 DM. Die Parteien haben während des Zusammenlebens entsprechend aufwendig gelebt.

Der sich daraus ergebende Elementarunterhaltsanspruch, den die Antragsgegnerin zuletzt augenscheinlich mit 6.000 DM (ohne Wohnbedarf, der durch den Einsatz des eigenen Vermögens gedeckt wird) beziffern will - die Vorsorgeunterhaltsansprüche werden in der geltend gemachten Höhe seit Jahren von dem Antragsteller für die Antragsgegnerin an die ...versicherungsanstalt in ... (freiwillige Rentenversicherung: 606 DM) bzw. an die ... (Krankenversicherung: 268 DM) sowie an die ...-Versicherung (private Krankenzusatzversicherung: 110,38 DM) geleistet, waren damit eheprägend und sind der Höhe nach zwischen den Parteien auch nicht streitig - und der in dieser Höhe angesichts des Lebenszuschnitts während intakter Ehe auch grundsätzlich anerkennenswert erscheint, ist jedoch nach § 1579 Nr. 2 BGB auf 3.000 DM herabzusetzen. Nach dieser Vorschrift kann ein Unterhaltsanspruch versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht hat.

Dies ist vorliegend der Fall.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller am 1. April von hinten mit einer Eisenstange mindestens drei Schläge gegen Kopf und Schulter versetzt. Sie ist deshalb am 11. September ... vom Schöffengericht ... wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden. Dass ihr insoweit verminderte Schuldfähigkeit zugebilligt worden ist, ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin schuldhaft gehandelt hat und ihre Tat grundsätzlich geeignet ist, zu einer Versagung, Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung ihres Unterhaltsanspruchs zu führen (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1990, 887; OLG Koblenz, NJW-RR 1992, 2). Das wird auch von beiden Parteien grundsätzlich nicht in Frage gestellt.

Unter Abwägung aller Umstände kommt vorliegend trotz der Schwere der Tat allerdings nur eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin in Betracht. Den Antragsteller trifft nämlich ein nicht unerhebliches Mitverschulden an der Situation, die zu dem schwerwiegenden Angriff der Antragsgegnerin auf Leib und Leben des Antragstellers geführt hat.

Die Parteien haben 1974 geheiratet. Anfangs verlief die Ehe harmonisch. Die Antragsgegnerin fühlte sich wohl in der Rolle der jungen Gattin des 28 Jahre älteren, wohlhabenden, sie in finanzieller Hinsicht verwöhn...

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