Leitsatz (amtlich)

1. Wenn ein Architekt von dem ihn beauftragenden Bauherrn nach selbständigem Beweisverfahren mit für den Architekten negativem Ausgang sodann auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz von Mängelbeseitigungskosten in Anspruch genommen wird, ist ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Architekten gegen seinen Prozessbevollmächtigten wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten im selbständigen Beweisverfahren und Feststellungsprozess spätestens mit Erlass eines rechtskräftigen Feststellungsurteils gegen den Architekten i.S.d. § 199 Abs. 1 S. 1 BGB entstanden.

2. Die die Verjährung hemmende Wirkung von Verhandlungen dauert nicht zwingend fort, bis eine der Parteien erklärt, zu ihrer Fortsetzung nicht mehr bereit zu sein. Schlafen die Verhandlungen ein oder werden sie verschleppt, entfällt die Hemmung vielmehr, wenn aus Sicht des Gläubigers nach Treu und Glauben ein nächster Schritt zu erwarten gewesen wäre.

3. Werden Verhandlungen, die zunächst eingeschlafen sind, in der Folge wieder aufgenommen, so setzt mit Wideraufnahme der Verhandlungen eine erneute Hemmung ein. Sie wirkt nicht ohne weiteres auf denjenigen Zeitpunkt zurück, zu dem der Anspruchsteller den Anspruch vor dem Einschlafen der Verhandlungen erstmals gegen den Beklagten geltend gemacht hatte (entgegen OLG Köln, Urt. v. 01.07.2013 - 5 U 4/13 -, juris; Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 26.10.2006 - VII ZR 194/05 - NJW 2007, 587; Urt. v. 19.12.2013 - IX ZR 120/11 - VersR 2014, 597). Eine solche Rückwirkung kommt nicht in Betracht, wenn zwischen den Verhandlungsphasen kein enger zeitlicher Zusammenhang besteht (hier: Pause von ca. 20 Monaten).

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 08.05.2015; Aktenzeichen 5 O 231/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.12.2016; Aktenzeichen IX ZR 58/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Trier vom 8.5.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein Architekt, nimmt den Beklagten, seinen ehemaligen Rechtsanwalt, auf Schadenersatz aus Verletzung anwaltlicher Pflichten in Anspruch. Er macht geltend, der Beklagte habe seine - des Klägers - Belange in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten mit den Bauherren T. unzureichend vertreten. Dem Kläger seien deshalb wirtschaftliche Schäden entstanden, wegen deren er sich nun zudem aufgrund von Pflichtverletzungen des Beklagten bei Dritten (insbesondere baubeteiligten Handwerkern und der eigenen Haftpflichtversicherung) nicht schadlos halten könne. Der Beklagte bestreitet Pflichtverletzungen und einen kausalen Schaden, wendet Mitverschulden ein und hält etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers jedenfalls für verjährt.

Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Eheleute T. (im Folgenden: Bauherren) beauftragten den Kläger mit Architektenleistungen einschließlich der Bauüberwachung, Objektbetreuung und Dokumentation für den Neubau ihres Einfamilienhauses. Das Objekt wurde Ende des Jahres 2003 fertig gestellt. Unter dem Aktenzeichen 4 OH 10/08 LG T. leiteten sie gegen ihn ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Am 18.06.2008 beauftragte der Kläger den Beklagten schriftlich unter Vorlage von Unterlagen, ihn in diesem Verfahren zu vertreten. Der Beklagte nahm im Juli 2008 wegen des selbstständigen Beweisverfahrens Kontakt zu der Berufshaftpflichtversicherung des Klägers, der G. Versicherung ... (im Folgenden: G. Versicherung), auf. Er verkündete allenfalls zwei Handwerkern, Frau E. W., Inhaberin der Schreinerei W., und der Zimmerei Th. GmbH, den Streit (insoweit streitig), nahm jedenfalls weitere Streitverkündungen nicht vor.

Die dem Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen dem Kläger und der G. Versicherung zugrunde liegenden Bedingungen sehen vor, dass jeder Versicherungsfall dem Versicherer unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche anzuzeigen ist. Kommt es zum Prozess über den Haftpflichtanspruch, hat der Versicherungsnehmer die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen und dem vom Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig erachteten Aufklärungen zu geben. Wird eine Obliegenheit dieser Art verletzt, ist der Versicherer nach § 6 der Versicherungsbedingungen von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Der im selbstständigen Beweisverfahren bestellte Sachverständige stellte in seinem schriftlichen Gutachten vom 18.12.2008 zahlreiche Mängel fest, die zumindest auch im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des hiesigen Klägers lagen. Am 13.02.200...

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